Aus­lis­tungs­be­geh­ren gegen Goog­le teil­wei­se er­folg­reich
© Hauke-Christian Dittrich

Der Be­trei­ber einer Such­ma­schi­ne ist nur dann ver­pflich­tet, einem Aus­lis­tungs­an­trag statt­zu­ge­ben, wenn hin­rei­chend be­legt wird, dass die im Su­cherge­nis auf­ge­lis­te­ten In­halt ent­hal­te­nen In­for­ma­tio­nen of­fen­sicht­lich un­rich­tig sind. Laut Bun­des­ge­richts­hof sind die Such­ma­schi­nen-Be­trei­ber aber nicht ver­pflich­tet, dies­be­züg­lich selbst zu er­mit­teln und auf die Be­trof­fe­nen zu­zu­ge­hen.

Iden­ti­fi­zie­ren­de kri­ti­sche Be­richt­erstat­tung über Fi­nanz­dienst­leis­ter

Der Klä­ger ist für ver­schie­de­ne Ge­sell­schaf­ten, die Fi­nanz­dienst­leis­tun­gen an­bie­ten, in ver­ant­wort­li­cher Po­si­ti­on tätig oder an ihnen be­tei­ligt. Die Klä­ge­rin war seine Le­bens­ge­fähr­tin und Pro­ku­ris­tin einer die­ser Ge­sell­schaf­ten. Auf der Web­sei­te eines US-ame­ri­ka­ni­schen Un­ter­neh­mens, des­sen Ziel es nach ei­ge­nen An­ga­ben ist, "durch ak­ti­ve Auf­klä­rung und Trans­pa­renz nach­hal­tig zur Be­trugs­prä­ven­ti­on in Wirt­schaft und Ge­sell­schaft bei­zu­tra­gen", er­schie­nen im Jahr 2015 meh­re­re Ar­ti­kel, die sich kri­tisch mit dem An­la­ge­mo­dell ein­zel­ner die­ser Ge­sell­schaf­ten aus­ein­an­der­setz­ten. Einer die­ser Ar­ti­kel war mit Fotos der Klä­ger be­bil­dert. Über das Ge­schäfts­mo­dell der Be­trei­be­rin der Web­sei­te wurde kri­tisch mit dem Vor­wurf be­rich­tet, sie ver­su­che, Un­ter­neh­men zu er­pres­sen, indem sie zu­nächst ne­ga­ti­ve Be­rich­te ver­öf­fent­li­che und da­nach an­bie­te, gegen ein “Schutz­geld“ die Be­rich­te zu lö­schen be­zie­hungs­wei­se die ne­ga­ti­ve Be­richt­erstat­tung zu ver­hin­dern. Die Klä­ger ma­chen gel­tend, eben­falls er­presst wor­den zu sein. 

Klar­stel­lung durch den EuGH

Sie be­geh­ren von der Be­klag­ten als der Ver­ant­wort­li­chen für die In­ter­net­such­ma­schi­ne "Goog­le", es zu un­ter­las­sen, die ge­nann­ten Ar­ti­kel bei der Suche nach ihren Namen und den Namen ver­schie­de­ner Ge­sell­schaf­ten in der Er­geb­nis­lis­te nach­zu­wei­sen und die Fotos von ihnen als Vor­schau­bil­der ("thumb­nails") an­zu­zei­gen. Die Be­klag­te er­klär­te, den Wahr­heits­ge­halt der in den ver­link­ten In­hal­ten auf­ge­stell­ten Be­haup­tun­gen nicht be­ur­tei­len zu kön­nen. Die Klage war in den In­stan­zen er­folg­los. Der mit der Re­vi­si­on be­fass­te Bun­des­ge­richts­hof hatte das Ver­fah­ren aus­ge­setzt und den Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Union um Klä­rung von Fra­gen zur Aus­le­gung von Art. 17 Abs. 1 DS-GVO ge­be­ten. Die­ser hatte dar­auf­hin ent­schie­den, dass der Be­trei­ber der Such­ma­schi­ne ver­pflich­tet sei, einem Aus­lis­tungs­an­trag statt­zu­ge­ben, wenn hin­rei­chend be­legt sei, dass die in dem auf­ge­lis­te­ten In­halt ent­hal­te­nen In­for­ma­tio­nen of­fen­sicht­lich un­rich­tig seien. Hin­sicht­lich der Vor­schau­bil­der sei dem In­for­ma­ti­ons­wert die­ser Fotos Rech­nung zu tra­gen, zwar un­ab­hän­gig vom Kon­text ihrer Ver­öf­fent­li­chung auf der In­ter­net­sei­te, der sie ent­nom­men sind, aber unter Be­rück­sich­ti­gung jedes Text­ele­ments, das mit der An­zei­ge die­ser Fotos in den Such­ergeb­nis­sen un­mit­tel­bar ein­her­geht und Auf­schluss über den In­for­ma­ti­ons­wert die­ser Fotos geben kann.

BGH gibt Re­vi­si­on teil­wei­se statt – Goog­le muss Vor­schau­bil­der aus­lis­ten

Unter Be­rück­sich­ti­gung der Vor­ab­ent­schei­dung hat der Bun­des­ge­richts­hof der Re­vi­si­on jetzt teil­wei­se statt­ge­ge­ben. Die strei­ti­gen Ver­wei­se auf die ge­nann­ten Ar­ti­kel seien – wie vor­in­stanz­lich ent­schie­den – nicht zu be­an­stan­den, da es bei einem Ar­ti­kel be­reits an dem not­wen­di­gen Bezug zu der Per­son des Klä­gers ge­fehlt habe und es die Klä­ger hin­sicht­lich der bei­den an­de­ren Ar­ti­kel ver­säumt hät­ten, einen Nach­weis über die of­fen­sicht­li­che Un­rich­tig­keit der ent­hal­te­nen In­for­ma­tio­nen zu er­brin­gen. Die Be­klag­te müsse aber die Vor­schau­bil­der aus­lis­ten, da die An­zei­ge der für sich ge­nom­men nicht aus­sa­ge­kräf­ti­gen Fotos der Klä­ger als Vor­schau­bil­der ohne jeden Kon­text nicht ge­recht­fer­tigt sei.

BGH, Urteil vom 23.05.2023 - VI ZR 476/18

Redaktion beck-aktuell, 23. Mai 2023.