Auskunftsanspruch bei Gebäudeschaden und "Mehrfachversicherung"

Eine Gebäudeversicherung hat laut Bundesgerichtshof einen Anspruch auf Auskunft gegen den Mieter eines Gebäudes über die vertraglichen Bedingungen von dessen Haftpflichtversicherung, wenn ein Schaden aus seinem Gefahrenbereich herrührt. Dies gelte auch, wenn es sich bei dem zweiten Versicherer um einen Verein kommunaler Gebietskörperschaften zum Kommunalen Schadensausgleich handelt. Die Regeln des Innenausgleichs gelten auch hier.

Mit dem Feuerzeug gespielt – Streit um Auskunft

In einer Unterkunft für Geflüchtete spielten zwei Kinder mit einem Feuerzeug und setzen das Gebäude in Brand. Die Gebäudeversicherin forderte von der Gemeinde als Mieterin des Mehrfamilienhauses Auskunft über die Ausgestaltung ihres Versicherungsverhältnisses zum Kommunalen Schadensausgleich (KSA), einem nicht rechtsfähigen Verein kommunaler Gebietskörperschaften zum solidarischen Ausgleich von Aufwendungen seiner Mitglieder für Schadensfälle. Sie wollte die Satzung des Vereins haben, um herauszufinden, inwieweit sie Ansprüche im Wege des Innenausgleichs gegen den KSA geltend machen kann. Das AG Geestland lehnte die Klage ab, das LG Stade gab ihr statt. Die Gemeinde erhob Revision vor dem BGH – ohne Erfolg.

KSA ist keine Versicherung?

Zwar ist der KSA keine Versicherung im klassischen Sinn, aber die rechtlichen Beziehungen, die er zu seinen Mitgliedern unterhält, sind laut BGH echte Versicherungsverhältnisse, die dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) unterliegen. Daran ändere auch die Finanzierung des Vereins durch Umlagen nichts, weil die Ausgleichspflichten bei Mehrfachversicherungen nach § 78 Abs. 2 Satz 1 VVG analog unabhängig davon entstünden: Der Sinn dieser Regelung besteht laut dem IV. Zivilsenat darin, den Mieter auf jeden Fall von der Leistung freizustellen, wenn sich bei Störungen im Deckungsverhältnis zwei Versicherungen streiten.

Anspruchsgrundlage jedenfalls Treu und Glauben

Während das LG den Auskunftsanspruch auf eine entsprechende Anwendung von §§ 31, 77 VVG stützte, favorisiert der BGH eher die Pflichten aus Treu und Glauben nach § 242 BGB in Verbindung mit einer rechtlichen Sonderbeziehung zwischen Mieter und Gebäudeversicherer. Die Versicherung sei sich in entschuldbarer Weise über das Bestehen des Ausgleichsanspruchs im Ungewissen und die Gemeinde könne unschwer die begehrten Auskünfte erteilen. Das gilt dem IV. Zivilsenat zufolge auch dann, wenn – wie die Gemeinde behauptet – die Haftung des KSA nur subsidiär erfolgen soll. Die Satzung könne die Gebäudeversicherung darüber Aufschluss geben.

Regressverzicht bei fahrlässiger Verursachung des Schadens

Die Gemeinde konnte auch nicht mit dem Argument beim BGH durchdringen, die Versicherung habe nicht ausreichend zum Entstehen des Schadens vorgetragen und belegt. Für den Auskunftsanspruch sei es ausreichend, dass weder die Versicherung verantwortlich sei noch ein Dritter gegen den Willen des Mieters eingedrungen sei und den Schaden verursacht habe. Insofern hält der BGH den unstreitigen Vortrag, dass das Kind eines Bewohners unsachgemäß mit dem Feuerzeug gespielt hat, für ausreichend. Die Schadensursache liege damit definitiv im Gefahrenbereich des Mieters und der Streit sei damit zwischen der Gebäudeversicherung und dem KSA auszutragen.

BGH, Urteil vom 07.06.2023 - IV ZR 252/22

Redaktion beck-aktuell, 29. Juni 2023.