Aufwendungsersatz für Verwalter trotz Abweichung vom WEG-Beschluss

Eine Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft hat grundsätzlich auch dann einen Gegenanspruch auf Aufwendungsersatz, wenn sie gegen den ausdrücklichen Willen der Gemeinschaft handelt. Der Bundesgerichtshof verneinte eine Sperrwirkung des WEG für die GoA- und Bereicherungsrechtsregeln in einem Fall, in dem die Verwalterin eine andere Firma als gewollt beauftragte, weil diese ein günstigeres Angebot abgegeben hatte.

Günstigeres Angebot angenommen

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft entschloss sich, ihre Eingangstüren und die Briefkastenanlagen ihrer Häuser zu erneuern. Sie beschlossen, das Angebot der Firma B. zu 40.000 Euro anzunehmen. Ihre Verwalterin wich von dem Ausführungsbeschluss ab und beauftragte eine andere Firma, die die Arbeiten um knapp 4.000 Euro günstiger ausführte. Danach beglich die Verwalterin deren Rechnung aus den Mitteln der Gemeinschaft. Das gefiel den Eigentümern nicht: Sie weigerten sich, den Vertrag zu genehmigen, und forderten die 36.000 Euro von der Verwalterin zurück. Diese rechnete mit ihrem Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) und Bereicherungsrecht auf. Sowohl das Amtsgericht Achim als auch das Landgericht Lüneburg verurteilte die Verwalterin zur Erstattung der vollen Summe. Diese wandte sich an den Bundesgerichtshof – mit Erfolg.

Abweichung vom Beschluss provoziert keine Sperrwirkung für allgemeine Regeln

Da die Verwalterin das Entgelt – nicht bestimmungsgemäß – an die "falsche" Firma ausgezahlt hatte, entstand der Wohnungseigentümergesellschaft ein Anspruch auf Rückerstattung aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag nach den §§ 675 Abs. 1, 667 Alt. 1 BGB. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen sind dem BGH zufolge Gegenansprüche aus GoA oder Bereicherungsrecht jedoch nicht ausgeschlossen: Zwar weise § 21 Abs. 4 WEG a.F. die Kompetenzen für die Instandhaltung der Häuser ausdrücklich der Gemeinschaft zu. Die Verwalterin besitze aber – im Gegensatz zu den einzelnen Eigentümern – grundsätzlich eine Handlungs- und Entscheidungskompetenz für derlei Maßnahmen. Daher sei § 21 Abs. 4 WEG a.F. keine Sperrwirkung dahingehend zuzuschreiben, dass die allgemeinen Regeln der GoA und des Bereicherungsrechts nicht mehr greifen. Die Gesetzgeber des WEG wollten den eigenmächtig Handelnden durch den Entzug von Aufwendungsersatzansprüchen nicht "bestrafen", so der V. Zivilsenat.

Anspruch aus Bereicherungsrecht

Die Abweichung vom Gemeinschaftsbeschluss habe aber wegen fehlenden Willens des Geschäftsherrn nach § 684 BGB zur Folge, dass der Verwalterin nur noch Ersatz nach den Bereicherungsregeln zustehen könne. Das stellt nach Ansicht der Karlsruher Richter sicher, dass die Wohnungseigentümer keinen Ersatz für Maßnahmen leisten müssen, die ohne Wert sind. Andererseits würden die ersparten Aufwendungen für Briefkästen und Eingangstüren berücksichtigt. Diese Lösung entspreche Treu und Glauben und den gegenseitigen Interessen. Da diesbezüglich noch zu wenige Feststellungen getroffen worden sind, hob der BGH das Urteil auf und verwies die Sache zurück.

BGH, Urteil vom 10.12.2021 - V ZR 32/21

Redaktion beck-aktuell, 4. April 2022.