Für den Anwaltssenat des BGH stand fest: Der Rechtsanwalt hatte es versäumt, seine plötzlich aufgetretene Durchfallerkrankung kurz vor dem Termin durch "substantiierte, eindeutige und nachvollziehbare" medizinische Nachweise zu untermauern, wozu er aber verpflichtet gewesen wäre. Ohne ein solches Attest war es dem Gericht nicht möglich, die Reise- und Verhandlungsfähigkeit des Mannes zu beurteilen (Beschluss vom 24.05.2025 – AnwZ (Brfg) 48/24).
Der seit 1999 zugelassene Anwalt hatte seine Zulassung wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO) verloren und war mit seiner Klage dagegen vor dem AGH Rheinland-Pfalz gescheitert. Denn: 25 Minuten vor der mündlichen Verhandlung meldete er sich telefonisch bei Gericht und erklärte, er könne wegen einer "plötzlich aufgetretenen schweren Durchfallerkrankung" nicht erscheinen. Der Vorsitzende ließ das jedoch nicht gelten: Eine telefonische Absage ohne Attest sei nicht ausreichend, erklärte er und setzte die Verhandlung ohne den Anwalt fort – gab ihm aber die Chance, binnen einer Woche Entschuldigungsgründe nachzureichen.
Daraufhin übersandte der heute 57-Jährige fristgerecht eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung seines Arztes – Diagnose: K59.1 (funktionelle Diarrhoe). Danach war er zum Zeitpunkt des Gerichtstermins "arbeitsunfähig". Doch damit drang er beim AGH nicht durch, der seinen Antrag auf Wiedereröffnung ablehnte. Dass er im Begleitschreiben um einen Hinweis bat, falls das Attest nicht ausreiche, half ihm auch nicht weiter. Seinen Antrag auf Zulassung der Berufung schmetterte der BGH nun ab.
BGH: Stichhaltiges Attest fehlte
Dem Senat für Anwaltssachen beim BGH zufolge habe der AGH weder durch Verhandeln in Abwesenheit des Anwalts trotz dessen (als Verlegungsantrag zu verstehender) Mitteilung seiner Erkrankung dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) oder die Berufsfreiheit verletzt, noch mit der Ablehnung des Wiedereröffnungsantrags nach Vorlage eines ärztlichen Attests.
Da es bei dem vorliegenden Verfahren um einen Zulassungswiderruf wegen Vermögensverfalls ging, seien wegen der dadurch angezeigten Gefährdung der Interessen der rechtsuchenden Mandantinnen und Mandanten strenge Anforderungen an den Verhinderungsgrund und dessen Glaubhaftmachung zu stellen. Diesen Anforderungen habe das Vorbringen des Mannes nicht genügt, kritisierte der BGH. Die alleinige Angabe des Codes "K59.1" ("funktionelle Diarrhoe, also mehr als dreimal täglich Stuhlgang ohne hierfür aufgefundene körperliche Ursache") lasse keinerlei Rückschlüsse auf die Schwere der Erkrankung im konkreten Fall und das Maß einer daraus evtl. resultierenden Beeinträchtigung der Reise- und Verhandlungsunfähigkeit des Klägers am Verhandlungstag zu. Hierzu hätte es genauerer Angaben des attestierenden Arztes bedurft. Dieser fehlten aber.
Die Regelung, dass bei Vermögensverfall die Anwaltszulassung widerrufen werden könne, sei zudem laut Gericht verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Gefahr, dass in finanzieller Not Mandantengelder missbraucht würden, wiege schwerer als die Berufsfreiheit des Einzelnen.