Ein Steuerberater gründete Ende 2022 die Sozietät "S. mbH Rechtsanwälte Steuerberater", die bundesweit acht Niederlassungen unterhält. Er selbst ist alleinvertretender Partner der Gesellschaft. Als ihn die Rechtsanwaltskammer an seinem Kanzleisitz als Mitglied begrüßte und den Kammerbeitrag von ihm als geschäftsführenden Organ forderte, war er nicht begeistert: Immerhin war er bereits Mitglied der Steuerberaterkammer und bildete als Nichtanwalt einen Fremdkörper in der Rechtsanwaltskammer.
Er verlangte vom Anwaltsgerichtshof die Aufhebung des Beitragsbescheids und die Feststellung der Nichtigkeit seiner Mitgliedschaft – ohne Erfolg. Erst der BGH als Berufungsinstanz gab ihm teilweise recht.
Beitrag zu hoch
Der BGH (Beschluss vom 11.11.2024 – AnwZ (Brfg) 35/23) hob den Bescheid auf, weil er gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG verstoße: Die Kammer hatte allen Mitgliedern – ganz gleich, ob Rechtsanwalt oder nicht – denselben Beitrag aufgebürdet.
Beiträge müssen dem Senat für Anwaltssachen zufolge aber den mit der Mitgliedschaft verbundenen besonderen Vorteil abgelten und sind daher nach diesem Nutzen zu bemessen. Da Rechtsanwaltskammern nur die Belange der Anwälte fördern und auch nur für sie die besonderen elektronischen Postfächer (beA) bereithalten, müsse der Beitrag von berufsfremden Mitgliedern zwangsläufig erheblich geringer ausfallen. Die Rechtsanwaltskammer muss nun eine neue Beitragssatzung erlassen.
Pflichtmitgliedschaft in der RAK aber rechtmäßig
Für rechtmäßig hingegen hält der Anwaltssenat die Pflichtmitgliedschaft in der Kammer an sich. Der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit in Art. 2 Abs. 1 GG sei gerechtfertigt: Die Kammern erfüllen laut dem Anwaltssenat die legitime öffentliche Aufgabe, die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege zu schützen. Der Gesetzgeber habe zu Recht auch die geschäftsführenden Organe als persönliche Mitglieder der Kammer ihrer unmittelbaren Aufsicht unterstellt. Da die Legislative insoweit eine Einschätzungsprärogative besitze, sei nicht zu beanstanden, dass sie es für erforderlich gehalten habe, über die angestellten Anwälte hinaus auch deren Geschäftsführer persönlich für Pflichtverstöße belangen zu können.
Auch eine bereits bestehende Mitgliedschaft in der Steuerberaterkammer sei kein triftiger Einwand, so der BGH, weil die Steuerberaterkammer nicht die Berufspflichten eines Rechtsanwalts überprüfe. Bedeutung hat die Entscheidung aus Karlsruhe aber nur noch rückwirkend: Mit dem am 1. Januar 2025 in Kraft getretenen "Gesetz zur Regelung hybrider und virtueller Versammlungen in der Bundesnotarordnung, der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung und dem Steuerberatungsgesetz sowie zur Änderung weiterer Vorschriften" (BGBl I 2024, 320) wurde § 60 Abs. 2 Nr. 3 BRAO aber geändert. Nun ist Mitglied nur, wer Mitglied von Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorganen zugelassener Berufsausübungsgesellschaften ist und nicht schon einer Patentanwalts- oder Steuerberaterkammer angehört. Steuerberaterinnen und Patentanwälte, die nicht auch noch eine Zulassung als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt haben, sind daher zum 1. Januar aus den Anwaltskammern ausgeschieden.