Ein Anwalt war zu einem Bistum gewechselt (eine Vollzeitstelle im Stabsbereich Recht) und wollte Syndikusanwalt werden. Zu seinen Tätigkeiten in Rechtsangelegenheiten des Bistums gehörten unter anderem auch die beratenden Tätigkeiten des Rechtsanwalts für Kirchengemeinden und Vereine, die im Rahmen der Aufsicht des Bistums erfolgen. Die Rechtsanwaltskammer lehnte seinen Antrag ab. Dies begründete sie damit, dass er entgegen § 46 Abs. 5 BRAO (Beratung und Vertretung beschränkt sich auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers) nicht nur dem Bischof Rechtsrat erteile, sondern auch der Diözese nachgeordneten Pfarreien. Eine Berücksichtigung des "Eigenverständnisses der katholischen Kirche" würde zu einer Umgehung der Beschränkungen der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt führen.
Sowohl der AGH als auch der BGH entschieden zugunsten des Advokaten und beriefen sich unter anderem auf das kanonische Recht (Can. 305 § 1 des Codex Iuris Canonici): Danach sei der Bischof allen nachgeordneten Stellen gegenüber weisungsbefugt (Urteil vom 5.7.2024 – AnwZ (Brfg) 1/23). Dies reichte dem Anwaltssenat aus, um die Beratungsleistungen im Bereich der "rechtlichen Leitungs- und Kontrollfunktion des Bistums" als Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers einzustufen.
Pfarreien als Mitglieder der Diözese
Der BGH segnete ebenfalls die über die Aufsicht hinausgehende Beratung der Kirchengemeinden ab. Dabei handele es sich um eine nach § 46 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BRAO erlaubte Rechtsdienstleistung des Arbeitgebers gegenüber seinen "Mitgliedern". Nach Kirchenrecht seien Diözesen in Pfarreien zu gliedern. Diese seien – wenn auch rechtsfähig – nach Verständnis der katholischen Kirche Teile des Bistums (da die Seelsorge unter der Autorität des Diözesanbischofs wahrgenommen werde), die ihr nicht als Dritte gegenüberstünden.