Anwaltszulassung weg: Auch Strafverteidiger können Mandantengelder gefährden

Anwälte, die in den Vermögensverfall geraten, verlieren ihre Zulassung. Dass Strafverteidiger gar keine Fremdgelder vereinnahmen, überzeugte den Bundesgerichtshof nicht davon, eine Ausnahme zu machen. Auch auf eine Zulassung nur fürs Strafrecht wollte der Anwaltssenat sich nicht einlassen. 

Vermögensverfall bei einem Strafverteidiger

Ein Rechtsanwalt, der nahezu ein Vierteljahrhundert beanstandungsfrei als Strafverteidiger tätig gewesen war, geriet in den Vermögensverfall. Es kam, wie es kommen musste, die Kammer widerrief seine Zulassung. § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO schreibt das vor ("ist zu widerrufen"), wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, "es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind". Der Anwalt wehrte sich dagegen mit kreativen Argumenten, die er für grundsätzlich bedeutsam hielt: Er sei seit knapp 25 Jahren als Strafverteidiger tätig, und zwar ausschließlich, führte der Advokat an. Seine Arbeitsweise und seine Büroabläufe seien überhaupt nicht darauf ausgerichtet, zivilrechtliche Mandate zu bearbeiten. So könnte er gar kein zivilrechtliches Mandat annehmen und damit, so seine Argumentation, mit irgendeinem lukrativen Fall nicht einmal theoretisch seine finanziellen Probleme lösen. Wo keine Fremdgelder seien, könnten sie auch nicht von seinen Konten weggepfändet werden, der Zweck von § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO, Mandantengelder zu schützen, greife also gar nicht. Außerdem könne man ihm wohl kaum unterstellen, er würde Fremdgelder veruntreuen, um seine eigenen finanziellen Probleme zu lösen. Das wäre schließlich kriminell.

BGH: Selbstbeschränkungen und Absichtserklärungen ändern nichts

Den Anwaltssenat des BGH konnte er damit ebenso wenig überzeugen wie zuvor den AGH Hamm. Seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision vor dem Bundesgerichtshof blieb erfolglos. Der Anwaltssenat sieht in der Tatsache, dass der Anwalt nur als Strafverteidiger tätig ist, keinen Sonderfall, in dem die Interessen der Rechtsuchenden im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ausnahmsweise nicht gefährdet wären. Eine bloße Selbstbeschränkung auf Verteidigermandate und die Absichtserklärung, man werde sich nicht an Fremdgeldern vergreifen, reicht dem BGH nicht aus. Vielmehr könnte die Anwaltskammer von dieser Ausnahme nur dann Gebrauch machen, wie schon bisher in ständiger Rechtsprechung, wenn der Anwalt seinen Beruf für eine (fremde) Sozietät ausüben würde, in der verbindliche Verabredungen getroffen werden, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv ausschließen. Eine Tätigkeit in eigener Verantwortung in einer Bürogemeinschaft mit eigenem Geschäftskonto, auf das nur der Anwalt Zugriff hat, genüge dafür nicht.

Zulassung nur für das Strafrecht existiert nicht

Der BGH hält den Widerruf der Zulassung auch insgesamt für verhältnismäßig: Eine Zulassung nur noch fürs Strafrecht, wie sie der Anwalt vorgeschlagen hatte, sei gesetzlich nicht vorgesehen und widerspräche auch der gesetzlich verankerten Stellung des Rechtsanwalts. Der Anwalt selbst entscheide, in welchem Bereich er tätig werden wolle – wenn er denn noch eine Zulassung hat (Az.: AnwZ (Brfg) 33/22).

Redaktion beck-aktuell, 7. Juli 2023.