An­walts­haf­tung – Ver­jäh­rungs­be­ginn bei Kennt­nis der Vor­aus­set­zun­gen

So­bald eine Man­dan­tin weiß, dass sie durch einen An­walts­feh­ler einen Scha­den er­lit­ten hat, be­ginnt die Ver­jäh­rung für den Scha­dens­er­satz­an­spruch zu lau­fen. Das hat der Bun­des­ge­richts­hof am 29.10.2020 ent­schie­den.

Ren­ten­an­spruch von knapp 500 Euro mo­nat­lich ver­lo­ren

Eine ehe­ma­li­ge Fi­nanz­be­am­tin ließ sich 2011 schei­den. In dem Ver­fah­ren um den Ver­sor­gungs­aus­gleich er­teil­te der zu­stän­di­ge Pen­si­ons­trä­ger eine fal­sche Aus­kunft: Er wies ver­se­hent­lich Dienst­be­zü­ge aus D-Mark-Zei­ten in Euro aus, so dass sie ihrem ge­schie­de­nen Mann fast dop­pelt so viele Ent­gelt­punk­te ab­ge­ben muss­te. Die­ser Feh­ler wurde von kei­nem der Be­tei­lig­ten - auch nicht von ihrer Rechts­an­wäl­tin - ent­deckt. An­fang 2013 wurde der Ver­sor­gungs­aus­gleich auf die­ser Basis durch­ge­führt. Nach Ein­tritt der Rechts­kraft er­kann­te die Pen­si­ons­kas­se ihren Feh­ler und be­an­trag­te als Streit­hel­fe­rin der ge­schie­de­nen Frau beim Fa­mi­li­en­ge­richt die Be­rich­ti­gung des Be­schlus­ses - je­doch ohne Er­folg. Auch die Re­gress­for­de­rung der Ge­schä­dig­ten gegen die Ver­sor­gungs­an­stalt schei­ter­te an der Rechts­kraft des Ver­sor­gungs­aus­gleichs. Am 10.12.2013 for­der­te die Rent­ne­rin ihre da­ma­li­ge Rechts­an­wäl­tin auf, ihre Scha­dens­er­satz­an­sprü­che bei deren Haft­pflicht­ver­si­che­rung an­zu­mel­den. Im Fe­bru­ar 2017 ver­klag­te sie sie unter an­de­rem auf Scha­dens­er­satz in Höhe von knapp 500 Euro mo­nat­lich. Die Ju­ris­tin erhob die Ver­jäh­rungs­ein­re­de. Das Land­ge­richt Mön­chen­glad­bach wies die Klage ab, das Ober­lan­des­ge­richt Düs­sel­dorf aber gab ihr statt. Die Re­vi­si­on der Rechts­an­wäl­tin vor dem Bun­des­ge­richts­hof war er­folg­reich.

An­spruch ist ver­jährt

Ver­jäh­rungs­be­ginn nach § 199 Abs. 1 BGB war der 31.12.2013, be­fand der X. Zi­vil­se­nat, denn am 10.12.2013 habe die Klä­ge­rin ihren An­spruch gegen ihre vor­he­ri­ge Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te klar for­mu­liert. Mit der Auf­for­de­rung, deren Be­rufs­haft­pflicht­ver­si­che­rung zu in­for­mie­ren, habe sie ein­deu­tig Kennt­nis von allen Um­stän­den be­wie­sen, die ihre Scha­dens­er­satz­for­de­rung be­grün­de­te. Der Ver­jäh­rung habe nicht erst be­gon­nen, als der Be­rich­ti­gungs­an­trag der Pen­si­ons­kas­se beim Fa­mi­li­en­ge­richt schei­ter­te, da die Ab­leh­nung die For­de­rung gegen die Rechts­an­wäl­tin nicht be­rührt hat. Der BGH hob das Be­ru­fungs­ur­teil daher auf und ver­wies die Sache zur Klä­rung wei­te­rer gel­tend ge­mach­ter An­sprü­che zu­rück.

Un­strei­ti­ge Auf­for­de­rung

Der Vor­trag der An­wäl­tin, ihre Man­dan­tin habe sie am 10. De­zem­ber 2013 auf­ge­for­dert, ihre Ver­si­che­rung zu in­for­mie­ren, ist dem Bun­des­ge­richts­hof zu­fol­ge nach § 138 Abs. 3 ZPO un­strei­tig: Die ehe­ma­li­ge Be­am­tin hatte die­sem Vor­trag nicht wi­der­spro­chen, nur der Streit­hel­fer, die Ver­sor­gungs­an­stalt, be­stritt die Auf­for­de­rung mit Nicht­wis­sen nach § 138 Abs. 4 ZPO. Seine Er­klä­rung sei aber un­zu­läs­sig, weil seine Be­fug­nis­se nicht über die der Haupt­par­tei hin­aus­ge­hen könn­ten. Die Ob­lie­gen­heit der Haupt­par­tei könne nicht von des­sen Streit­hel­fer wahr­ge­nom­men wer­den.

BGH, Urteil vom 29.10.2020 - IX ZR 10/20

Redaktion beck-aktuell, 20. November 2020.

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