Anmerkung von
Rechtsanwalt Stefano Buck, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Schultze & Braun Rechtsanwaltsgesellschaft für Insolvenzverwaltung mbH
Aus beck-fachdienst Insolvenzrecht 13/2017 vom 30.06.2017
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Sachverhalt
Am 9.1.2012 eröffnete das Insolvenzgericht auf Eigenantrag des Schuldners – verbunden mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung – nach Kostenstundung das Verbraucherinsolvenzverfahren. Durch Beschluss vom 7.11.2013, rechtskräftig seit dem 6.12.2013, hob das Insolvenzgericht die bewilligte Stundung auf, weil der Schuldner trotz Aufforderung des Treuhänders keine Auskünfte über seine Einkommensverhältnisse erteilt habe. Es sei daher nicht nachprüfbar, ob der Schuldner eine angemessene Erwerbstätigkeit ausübe oder sich um eine solche bemühe. Darüber hinaus lägen die Voraussetzungen für eine Erteilung der Restschuldbefreiung nicht vor, weil der Schuldner seinen Auskunftspflichten gem. § 97 InsO nicht hinreichend nachgekommen sei. Im Anschluss an die Aufhebung der Kostenstundung stellte das Insolvenzgericht am 25.6.2014 das Insolvenzverfahren nach § 207 InsO mangels Masse ein, was zur Folge hatte, dass der Schuldner nicht von seinen Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit wurde (§ 289 III InsO aF).
Am 9.3.2016 hat der Schuldner erneut die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen, die Stundung der Kosten und die Erteilung der Restschuldbefreiung beantragt. Das Insolvenzgericht hat diese Anträge insgesamt als unzulässig verworfen. Nach Übertragung der Sache auf die Kammer hatte das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde des Schuldners zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgte der Schuldner seine erstinstanzlichen Anträge weiter. Im Ergebnis mit Erfolg.
Entscheidung
Da der Schuldner den Antrag auf Insolvenzeröffnung nach dem 1.7.2014 gestellt habe, seien gem. Art. 103h S. 1 EGInsO die Vorschriften der Insolvenzordnung in der Fassung des Gesetzes zur Verkürzung der Restschuldbefreiung und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.7.2013 (BGBl I, S. 2379) anzuwenden. In diesem Zusammenhang habe der Gesetzgeber die von der Rechtsprechung entwickelten Sperrfristen teilweise aufgegriffen und in § 287a II 1 Nr. 2 InsO geregelt, dass der Antrag auf Restschuldbefreiung unzulässig sei, wenn dem Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag die Restschuldbefreiung nach § 290 I Nr. 5, 6 oder 7 InsO oder nach § 296 InsO versagt worden sei. Eine weitergehende Sperrfrist sei nicht geregelt worden. In dem hier zu entscheidenden Fall der Verfahrenseinstellung nach Aufhebung der Kostenstundung aufgrund eines schuldnerischen Fehlverhaltens halte der Senat daher nicht an seiner Rechtsprechung fest. Der Schuldner könne danach einen neuen Antrag auf Restschuldbefreiung verbunden mit einem neuen Antrag auf Insolvenzeröffnung stellen.
Denn der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung vom 31.10.2012 (BT-Drucks. 17/11268 S. 25) zu § 287a II 1 Nr. 2 InsO sei zu entnehmen, dass der Gesetzgeber Sperrfristen nur insoweit anordnen wollte, als der Schuldner im vorangegangenen Verfahren die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten verletzt habe, unzutreffende Angaben gemacht oder Obliegenheiten nicht beachtet habe und deshalb auf Antrag eines Gläubigers die Restschuldbefreiung versagt worden sei. Dem unredlichen Schuldner sei nach einem in einem vorangegangenen Verfahren ausgesprochenen Versagen der Restschuldbefreiung wegen einer Verletzung von Mitwirkungs- und Auskunftspflichten eine neue Verfahrenseinleitung für eine bestimmte Zeit verwehrt, weil der Zweck der Versagungsgründe, nur einem redlichen Schuldner die Vergünstigung der Restschuldbefreiung zuteilwerden zu lassen, ansonsten verfehlt werde. Sperrfristen für anderweitige Fälle vorhergehenden Fehlverhaltens des Schuldners seien nicht vorzusehen.
Auch der Antrag auf Kostenstundung sei zulässig. Denn vorliegend habe der Schuldner jedenfalls mit Stellung der neuen Anträge auch unter Berücksichtigung seines Fehlverhaltens im Vorverfahren nicht rechtsmissbräuchlich gehandelt, da er keinen Versagungstatbestand verwirklicht habe. Sein Fehlverhalten im Vorverfahren könne in einem neu eröffneten Verfahren nicht zur Versagung der Restschuldbefreiung führen (vgl. AG Göttingen NZI 2014, 1056). Nachdem sein Antrag auf Restschuldbefreiung nach § 287a InsO nunmehr zulässig sei, könne er deswegen Restschuldbefreiung erlangen, wenn er im neuen Verfahren den Obliegenheiten nach § 295 InsO nachkomme und keinen Versagungstatbestand nach den §§ 290, 297 – 298 InsO verwirkliche (§ 287a I InsO).
Praxishinweis
Allerdings ist die dem Schuldner eingeräumte Möglichkeit unbefriedigend, nach Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder nach Versagung der Restschuldbefreiung gem. § 298 InsO sofort wieder einen neuen Antrag auf Insolvenzeröffnung, Kostenstundung und Restschuldbefreiung stellen zu können, obwohl er die Verfahrenseinstellung im Restschuldbefreiungsverfahren dadurch provoziert hat, dass sein eigenes Fehlverhalten zur Aufhebung der Kostenstundung geführt hat. Sie eröffnet dem unredlichen Schuldner nicht zu rechtfertigende Handlungsspielräume und belastet die Insolvenzgerichte und die öffentlichen Haushalte. Hierauf wies der BGH in der Entscheidung ausdrücklich hin. Er wies allerdings auch darauf hin, dass der Gesetzgeber entschieden hat, dass einem Schuldner diese Möglichkeit im Ergebnis eingeräumt wird.