Angleichung des Nachnamens für früher geborene Geschwisterkinder

Wählen die Eltern eines Kindes für dieses gemeinsam einen Familiennamen, so führt dies nicht dazu, dass der Nachname eines älteren, mindestens fünfjährigen Geschwisterkinds vom Standesamt zwingend angeglichen werden muss. Ab diesem Alter setzt ein solcher Schritt laut Bundesgerichtshof eine bewusste Entscheidung der sorgeberechtigten Eltern bzw. des Kindes voraus.

Bindungswirkung der Nachnamenswahl?

Die Eltern zweier Kinder stritten sich um den Nachnamen ihres Sohnes. Der Junge war 2014 geboren worden. Damals hatte seine Mutter das alleinige Sorgerecht, und er erhielt ihren Nachnamen. 2018 bekam das Paar eine Tochter. Sie vereinbarten notariell für das Mädchen die gemeinsame Sorge und wählten den Nachnamen des Vaters als Geburtsnamen. Anschließend regelten sie in einer weiteren Urkunde das Sorgerecht für den Erstgeborenen entsprechend. Obwohl sie keine Änderung des Familiennamens ihres Sohnes vereinbart hatten, glich das Standesamt dessen Geburtseintrag dem seiner Schwester an. Auf Antrag der Mutter ordnete das AG Berlin-Schöneberg die Berichtigung des Registers an. Das Kammergericht bestätigte dies. Auch die Rechtsbeschwerde des Vaters beim BGH blieb ohne Erfolg.

Keine Entscheidung für Wechsel

Im Ergebnis fehlte hier aus Sicht des XII. Zivilsenats eine Erklärung der Eltern darüber, dass der Sohn einen neuen Nachnamen erhalten sollte. Ab dem vollendeten fünften Lebensjahr setze § 1617b Abs. 1 S. 3 BGB dies voraus, da Kinder dann anfingen, sich mit ihrem vollständigen Namen zu identifizieren. Bis zum vollendeten vierzehnten Lebensjahr seien die sorgeberechtigten Eltern gemeinsam für die Entscheidung zuständig. Eine solche sei hier nicht getroffen worden, so dass das Register durch die Änderung des Geburtseintrags unrichtig im Sinne von §§ 47, 48 PStG gewesen sei. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Kindes konnten die Bundesrichter nicht erkennen: Die Mutter habe schon sieben Wochen nach der Neueintragung die Änderung beantragt, so dass sich kein Vertrauen hinsichtlich des neuen Namens habe entwickeln können.

Mehrdeutige Formulierung

Offen lassen konnten die Karlsruher Richter die Frage, ob für den Erstgeborenen grundsätzlich entsprechend § 1617 Abs. 1 S. 3 BGB ("Die Bestimmung der Eltern gilt auch für ihre weiteren Kinder.") eine Bindungswirkung an die Namenswahl für seine Schwester bestand. Der Begriff "weitere" sei mehrdeutig, da er als "spätere" oder – unabhängig von der Geburtsreihenfolge – als "sonstige" gelesen werden könne. Der Senat gab zu bedenken, dass der Grundsatz der Namenseinheit innerhalb einer Familie für eine nachträgliche Bindungswirkung in vorliegender Konstellation (frühere Geburt, aber nachträglich vereinbartes gemeinsames Sorgerecht) sprechen könne.

BGH, Beschluss vom 21.09.2022 - XII ZB 504/21

Michael Dollmann, Mitglied der NJW-Redaktion, 11. November 2022.