Anforderungen an die strafrichterliche Beweiswürdigung bei DNA

Findet die Polizei nach einem Überfall auf einen Geldtransporter DNA-Partikel von fremden Personen in einem Tatfahrzeug, bildet das Erbgut einen wesentlichen Beweis für die Täterschaft. Ohne einen gegenteiligen konkreten Anhaltspunkt ist der Angeklagte zu verurteilen – ein Freispruch bei dieser Beweislage verstößt dem Bundesgerichtshof zufolge gegen die Grundsätze der freien Beweiswürdigung.

Werttransporter überfallen

Die Staatsanwaltschaft legte den beiden Angeklagten zur Last, 2002 einen Geldtransporter mit Schusswaffen überfallen und dabei 460.000 Euro erbeutet zu haben. Die Fahrbahn war durch einen quergestellten LKW blockiert und der Transporter dann von hinten von zwei Pkw gerammt worden. Alle Fahrzeuge waren vor dem Unfall gestohlen worden. Nach der Tat wurden DNA-Partikel von den Angeklagten in zwei verwendeten Autos gefunden. Das Landgericht Gießen sprach beide mutmaßlichen Täter frei: Es hielt die Spurenlage für "problematisch", weil das "Rammfahrzeug" erstens schon zwei Wochen vor dem Raub gestohlen worden und zweitens bereits zehn Jahre alt war. Die Richter hielten es nicht für sicher, dass die Angeklagten ihre DNA bei dem Überfall im Wagen hinterlassen hatten. Die Staatsanwaltschaft ging gegen die Freisprüche vor – ihre Revision vor dem Bundesgerichtshof war erfolgreich.

Beweiswürdigung fehlerhaft

Die Annahme, die Angeklagten hätten die Fahrzeuge nach dem Diebstahl genutzt, seien aber nicht in den Überfall involviert gewesen, hält der Bundesgerichtshof für rein spekulativ. Seien keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine solche "Zwischennutzung" des Autos vorhanden, könne das Gericht diese Vermutung nicht einfach als Tatsache zugrunde legen. Die Richter am Landgericht haben dem 2. Strafsenat zufolge überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt. Die Beweiswürdigung sei deshalb rechtsfehlerhaft. Hinzu komme, dass das Urteil einen anonymen Hinweis, der die Angeklagten eindeutig als Täter benannt habe, nicht in die Würdigung mitaufgenommen habe – damit war die Beweiswürdigung laut den Karlsruher Richtern auch noch lückenhaft. Gewürdigt werden müssen hätte auch die Aussage eines Angeklagten bei seiner Festnahme: Er habe nicht geglaubt, dass ihn seine Vergangenheit einholen werde. Der BGH hob das Urteil daher auf und verwies es an eine andere Strafkammer zurück.

BGH, Urteil vom 26.08.2020 - 2 StR 587/19

Redaktion beck-aktuell, 1. Februar 2021.