Kombination von Polizei- und Enkeltrick
Zwei Männer schlossen sich einer türkischen Bande an, die wohlhabende Menschen in Deutschland dazu veranlasste, ihnen ihr Geld zu übergeben: Die Täter riefen Personen an, gaben sich als Polizisten aus und rieten ihnen, ihr Vermögen durch Übergabe an einen sogenannten Abholer "in Sicherheit zu bringen". Der Angeklagte S. war der "Logistiker", der die jeweiligen Treffen in Abstimmung mit den türkischen Anrufern organisierte. Der andere war ein "Abholer". Nachdem dieser bei seiner zweiten Übergabe von 50.000 Euro auf frischer Tat ertappt und festgenommen wurde, warb S. eine Ersatzfrau für ihn an. Eine erste Weitergabe an sie scheiterte ebenfalls, weil die "echte" Polizei nach der Festnahme die Kommunikation der Gruppe überwacht hatte und das Opfer schützen konnte. Bei der nächsten Abholung von 25.000 Euro, bei der sie den Auftrag nicht von S., sondern von einem unbekannt gebliebenen Täter bekam, konnte auch sie festgenommen werden. Dabei hatte sie kurz zuvor einen Fernsehbeitrag über die Betrugsmasche "Polizistentrick" gesehen und auf Nachfrage von S. erfahren, dass sie an einem solchen Vorgehen beteiligt sei.
Das Landgericht Hamburg verurteilte den Logistiker für alle vier Taten wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs sowie Amtsanmaßung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und den männlichen Abholer zu zwei Jahren (auf Bewährung). Die Revision des Logistikers in Karlsruhe war teilweise erfolgreich.
Mittäterschaft an Amtsanmaßung möglich
Der BGH bestätigte eine Grundsatzentscheidung vom 20.05.2020, dass an Amtsanmaßung nach § 132 StGB eine Mittäterschaft möglich ist: Auch wenn sich weder der Logistiker noch der Abholer den Geschädigten gegenüber als Polizisten ausgaben, könne ihnen die Tat der türkischen Bandenmitglieder zugerechnet werden. Denn dem 5. Strafsenat zufolge handelt es sich nicht um ein "eigenhändiges Delikt", das nur in eigener Person verwirklicht werden kann - wie etwa der Meineid nach § 154 StGB. Vielmehr gälten hier die Grundsätze der Täterschaft und Teilnahme, wobei der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft zu bewerten seien. Daran gemessen seien die Täter auch hier wegen Amtsanmaßung zu bestrafen.
Ohne Beteiligung keine Strafe
Der Logistiker hat sich allerdings der letzten Tat der Bande nicht schuldig gemacht, weil er hieran nicht beteiligt war. Die Beurteilung des Landgerichts, die Anwerbung der Abholerin wirke tateinheitlich hinsichtlich aller ihrer Taten fort, ist laut den Leipziger Richtern nicht haltbar. Wegen des Zeitablaufs von über drei Monaten seit der Anwerbung und des Umstands, dass der Logistiker von der konkreten Tat noch nicht einmal Kenntnis erlangt hatte, fehle es bereits an seiner Tatherrschaft. Inwieweit er als Gehilfe dieser Tat zu bestrafen sei, sei in einer weiteren Verhandlung vom Landgericht zu klären.