Affäre um Hamburger Rolling-Stones-Konzert wird neu aufgerollt

2017 rockten die Rolling Stones vor 82.000 Fans im Stadtpark in Hamburg. Ob bei der Genehmigung der Großveranstaltung damals Korruption im Spiel war, muss nach einer Entscheidung des BGH erneut geprüft werden.

Das aufgehobene Urteil habe sich als "durchgreifend rechtsfehlerhaft" erwiesen, sagte die Vorsitzende Richterin des 5. Strafsenats des BGH, Gabriele Cirener.

Im Zentrum der Affäre steht der ehemalige Leiter des Bezirksamts Hamburg-Nord, das für die Genehmigung des Konzerts zuständig war. Er hatte Freikarten sowie Kaufoptionen gefordert und vom Veranstalter erhalten. Die Freikarten hatten einen Wert von knapp 15.000 Euro. Mit dem Amtschef war sein ehemaliger Stellvertreter angeklagt worden, beide hatten gemeinsam ein rückdatiertes Schreiben verfasst, um eine Genehmigung der Annahme der "Freikartenspende" nach den dafür geltenden Dienstvorschriften zu fingieren.

Das Landgericht Hamburg hatte den früheren Amtsleiter vergangenes Jahr wegen Vorteilsannahme und -gewährung zu einer Geldstrafe verurteilt. Von den Hauptvorwürfen der Bestechlichkeit und Untreue wurde er aber freigesprochen, weil das LG nicht feststellen konnte, dass die Höhe des Nutzungsentgelts unangemessen niedrig gewesen oder durch die Gewährung der Freikarten beeinflusst worden wäre. Sein damaliger Stellvertreter erhielt ebenfalls eine Geldstrafe. Zwei ebenfalls angeklagte Mitarbeiter des Konzertveranstalters wurden vom Vorwurf der Bestechung freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte Revision eingelegt und damit jetzt beim BGH Erfolg.

Lückenhafte und widersprüchliche Begründungen

Der gesamte Fall um die Überlassung der Freikarten und ihre spätere Verteilung an Mitarbeiter des Bezirksamtes "bedarf umfassender neuer tatgerichtlicher Überprüfung und Entscheidung", sagte Cirener. Das Urteil des Landgerichts sei lückenhaft und teilweise widersprüchlich, bei der Bewertung der Frage der Bestechlichkeit habe das Gericht den rechtlichen Maßstab verfehlt. In einer neuen Verhandlung müssten alle Umstände, die die Angeklagten be- und entlasten erneut geprüft werden.

So sei nicht belegt, dass eine Unrechtsvereinbarung dazu geführt habe, dass dem Bezirksamtsleiter die Freikarten und Kaufoptionen überlassen wurden. Die Freikarten hätten auch eine zulässige Gegenleistung des Konzertveranstalters für die Nutzung des Stadtparks gewesen sein können. Ohne eine Unrechtsvereinbarung könne aber keine Vorteilsannahme angenommen werden. Gleiches gelte auch für den Vorwurf der Vorteilsgewährung durch die Weitergabe der Karten an Mitarbeiter und drei Staatsräte.

Aber auch zu Lasten der Angeklagten sind noch Fragen offen. Eine mögliche Untreue des Bezirksamtsleiters habe das LG gar nicht geprüft. Diese könnte für den BGH darin liegen, dass er die Freikarten nach eigenem Gutdünken verteilt hatte statt sie im Interesse seines Arbeitgebers zu verwenden.

Der Vorwurf der Bestechlichkeit muss auch noch einmal geprüft werden. Als mögliche Gegenleistung für die Freikarten und Kartenoptionen sei hier nicht nur an die Höhe des Nutzungsentgelts für den Stadtpark zu denken, sondern auch an die Möglichkeit, dass der Konzertveranstalter sich Wohlwollen bei der Vertragsabwicklung sichern wollte.

Der Anwalt des Ex-Amtschefs, Johann Schwenn, sagte, die Staatsanwaltschaft habe einen "Zwischensieg" erreicht. Er sehe der neuen Verhandlung allerdings zuversichtlich entgegen, denn es sei durchaus möglich, dass am Ende ein besseres Ergebnis für seinen Mandanten stehen könnte.

BGH, Urteil vom 31.08.2023 - 5 StR 447/22

Redaktion beck-aktuell, ak, 31. August 2023 (ergänzt durch Material der dpa).