Anfragebeschluss zu Rechtsfrage
Die Linie war bis Ende 2019 klar: Die Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen verjährt erst dann, wenn die Beitragspflicht nicht mehr besteht. Am 13.11.2019 schickte der 1. Strafsenat den anderen Strafsenaten einen Anfragebeschluss und schlug vor, den Verjährungsbeginn auf den Fälligkeitszeitpunkt des Beitrags vorzuverlegen. Die Rechtsgutsverletzung sei bereits mit Nichtzahlung der Beiträge im Zeitpunkt der Fälligkeit irreversibel eingetreten und werde durch weiteres Untätigbleiben nicht mehr vertieft. Die alte Rechtsprechung hatte Kritik auf sich gezogen (so zum Beispiel durch das LG Baden-Baden, BeckRS 2018, 41763), da die strafrechtliche Verjährung in manchen Fällen erst durch Ablauf der dreißigjährigen Regelverjährung der Beitragsforderung begann.
4. Strafsenat gibt bisherige Rechtsprechung auf
Rechtsprechung von drei der fünf anderen Senate stand aus Sicht des 1. Senats dieser Wende entgegen. Mit dem 4. Strafsenat hat jetzt der zweite dieser Senate sein Einverständnis signalisiert. Die Karlsruher Richter gaben ihren Kollegen recht: Die besondere Struktur der Delikte des Vorenthaltens von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung rechtfertige diese neue Sichtweise. Sie betonten allerdings, dass damit keine Veränderung der allgemeinen Regeln für die Verjährung bei echten Unterlassungsdelikten nach § 78a Satz 1 StGB verbunden sei. Bereits im Februar hatte der 5. Senat seine Zustimmung erklärt. Es steht noch die Entscheidung des 2. Senats aus.