Adhäsionsverfahren: Konzernmutter darf Schaden der Tochtergesellschaft geltend machen

Im strafrechtlichen Adhäsionsverfahren darf den zivilrechtlichen Schaden auch geltend machen, wer den Anspruch durch Abtretung erworben hat oder ihn in gewillkürter Prozessstandschaft als fremden Anspruch in eigenem Namen einklagt.  Der Grund: die neu geregelte Antragsbefugnis.   

Ein Mann musste sich vor dem Landgericht Stade für 23 Betrugsfälle verantworten. Zwei Geschädigte traten als sogenannte Adhäsionskläger auf und beantragten Ersatz für den Schaden, den sie durch die Straftaten erlitten hatten. Eine der Geschädigten, ein Unternehmen, machte allerdings keinen eigenen Schaden, sondern einen Schaden ihrer Tochtergesellschaft geltend. Der Angeklagte, der zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und dem beantragten Schadensersatz verurteilt wurde, wehrte sich vor dem BGH auch gegen die zweite Adhäsionsentscheidung, weil er der Ansicht war, dass nur die Verletzten selbst adhäsionsbefugt seien – ohne Erfolg.

Nicht nur Verletzte einer Straftat: entkoppeltes Antragsrecht

Die Leipziger Richterinnen und Richter bejahten in ihrer Entscheidung (Beschluss vom 14.11.2023 – 6 StR 495/23) die Berechtigung der Muttergesellschaft, als Adhäsionsklägerin aufzutreten, weil ihre Tochtergesellschaft sie hierzu ermächtigt und die Muttergesellschaft auch selbst ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Prozessführung hatte.

Sie begründeten das mit der Neuregelung in § 403 S. 2 StPO, wonach seit 2021 auch andere den Anspruch geltend machen dürfen. Diese Regelung sollte ausdrücklich auch Rechtsnachfolgern des Verletzten – etwa nach Abtretung der Forderung oder auch nach gesetzlichem Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X – die Möglichkeit eröffnen, den Schaden selbst einzuklagen.

Die damit einhergehende Entkopplung von dem Verletztenbegriff in § 373b StPO ist dem 6. Strafsenat zufolge vom Gesetzgeber gewollt. Das Gesetz unterscheide zwischen den Verletzten und dem Adhäsionsberechtigten und räume zwar auch Dritten Adhäsionsklagerecht ein, privilegiere den Verletzten einer Straftat aber bewusst, indem es ihm mehr Verfahrensrechte einräume als dem bloß zur Adhäsion Befugten. 

Redaktion beck-aktuell, rw, 27. Dezember 2023.