Abschiebung: Haftrichter muss Zugang zu Anwalt gewähren
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Bevor ein Haftrichter eine Freiheitsentziehung anordnet, muss er gegebenenfalls klären, ob ein Asylsuchender einen Anwalt kontaktieren will. Ein Anlass dazu besteht, wenn der Betroffene angibt, ohne Rechtsbeistand in der Anhörung nichts mehr sagen zu wollen. Unterbleibt eine solche Klärung, ist laut Bundesgerichtshof davon auszugehen, dass das Recht des Asylsuchenden auf ein faires Verfahren verletzt wurde.

Iranerin beantragt Asyl

Eine Iranerin wehrte sich gegen die Anordnung von Überstellungshaft. Sie war im Januar 2019 nach Deutschland eingereist und hatte einen Asylantrag gestellt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte diesen im Februar 2019 ab, da sie bereits in der Slowakei Zuflucht beantragt hatte. Nachdem eine Überstellung am Widerstand der Frau gescheitert war, beantragte die Behörde ihre Verhaftung. Bei ihrer Anhörung erklärte die Asylsuchende, keine Angaben ohne ihren Anwalt machen zu wollen. Das Amtsgericht Bamberg legte dies als Antrag auf Verfahrenskostenhilfe aus, da die Iranerin zu jenem Zeitpunkt nicht vertreten wurde. Das Landgericht Bamberg wies ihre Beschwerde zurück: Selbst wenn man die Aussage als Frage nach einem Anwalt auslege, führe dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Haftanordnung; Verfahrenskostenhilfe sei im Zeitpunkt der Antragstellung nicht zu bewilligen gewesen.

BGH: Bedarf nach Rechtsverteidigung muss geklärt werden

Dem stimmte der BGH nicht zu. Er gab der Rechtsbeschwerde am 15.12.2020 statt. Aus seiner Sicht litt die Anhörung der Migrantin vor dem AG Bamberg an einem schwerwiegenden Verfahrensfehler. Dem XIII. Zivilsenat zufolge durfte die Äußerung, dass sie ohne Anwalt nichts sage, nicht ohne weitere Klärung ihres Willens lediglich als Antrag auf Verfahrenskostenhilfe verstanden werden. Der Erklärung könne weder ein allgemeiner Verzicht auf die Hinzuziehung eines Anwalts entnommen werden noch eine Beschränkung auf den Fall einer Kostenübernahme. Der Haftrichter hätte sie daher fragen müssen, ob ein Anwalt kontaktiert werden solle, oder ihr hierzu Gelegenheit geben müssen. Nachdem das AG ihren Willen nicht aufgeklärt habe, sei zur wirksamen Sicherung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts auf ein faires Verfahren zu vermuten, dass der Asylsuchenden der Zugang zu einem Anwalt verwehrt worden sei. Es sei nicht offensichtlich, wovon das LG Bamberg aber ausgegangen sei, dass sie nicht in der Lage gewesen wäre, einen Anwalt zu finden: In Freiheitsentziehungssachen komme es nicht selten vor, dass ein Jurist die Vertretung auch dann übernehme, wenn (noch) keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden sei.

BGH, Beschluss vom 15.12.2020 - XIII ZB 123/19

Redaktion beck-aktuell, 17. Februar 2021.