Haftrichter muss rechtzeitig anwaltliche Vertretung klären

Bevor ein Haftrichter eine Freiheitsentziehung anordnet, muss er gegebenenfalls nachfragen, ob ein Asylsuchender seinen bisherigen Anwalt kontaktieren will. Das Gericht muss den Bevollmächtigten dabei so rechtzeitig zum Anhörungstermin laden, dass für diesen ausreichend Zeit bleibt, den Sachverhalt vorher zu prüfen. Unterbleibt die Klärung, ist laut Bundesgerichtshof das Recht des Asylsuchenden auf ein faires Verfahren verletzt.

Sri-Lanker beantragt Asyl

Ein sri-lankischer Staatsangehöriger wehrte sich gegen die Anordnung von Abschiebungshaft. Er war im Jahr 2012 nach Deutschland eingereist und hatte einen Asylantrag gestellt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnte diesen im Februar 2017 ab und drohte zugleich die Abschiebung an. Nachdem die erste Abschiebung fehlgeschlagen war, kam er zunächst in Sicherungs-, dann in Abschiebungshaft. In der Haft äußerte der Sri-Lanker Suizidgedanken. Daraufhin führte die zuständige Behörde die Abschiebung nicht durch und beantragte stattdessen, die Haft um einen weiteren Monat zu verlängern. 

Anhörung ohne Anwalt

Bei seiner Anhörung blieb der Asylsuchende ohne anwaltlichen Beistand: Das AG Karlsruhe hatte die beiden Prozessbevollmächtigten des früheren Verfahrens zu dem Termin um 15:00 Uhr erst kurzfristig geladen (den einen um 12:36 Uhr, den anderen um 14:27 Uhr) und ordnete die Fortdauer der Haft in ihrer Abwesenheit an. Das dortige Landgericht wies die Beschwerde des Manns zurück, weil das Amtsgericht wegen der Eilbedürftigkeit nicht in der Lage gewesen sei, einen anderen Termin festzusetzen.

BGH: Wunsch nach Verteidigung muss geklärt werden

Dem stimmte der BGH nicht zu. Er gab der Rechtsbeschwerde am 26.01.2021 statt. Aus seiner Sicht litt die Anhörung des Migranten vor dem AG Karlsruhe an einem schwerwiegenden Verfahrensfehler. Dem XIII. Zivilsenat zufolge hätte der Haftrichter ihn fragen müssen, ob seine bisherigen Rechtsanwälte ihn auch im jetzigen Verfahren vertreten sollten. Die vorsorgliche Ladung beider Anwälte zum Termin habe hieran nichts geändert. Diese sei plötzlich in der Mittagszeit erfolgt und habe dem einen nur weniger als zweieinhalb Stunden und dem anderen lediglich 30 Minuten zur Prüfung des Sachverhalts gelassen, so die Kritik der Karlsruher Richter. Das sei deutlich zu knapp bemessen. Einer von ihnen habe schon aufgrund der Entfernung keine Chance gehabt, den Termin wahrzunehmen. Nachdem das AG nicht aufgeklärt habe, ob die Juristen den Betroffenen im Verfahren weiterhin vertreten oder den Anhörungstermin nicht wahrnehmen wollten, sei zur wirksamen Sicherung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts auf ein faires Verfahren zu vermuten, dass dem Asylsuchenden der Zugang zu einem Anwalt verwehrt worden sei.

Eilbedürftigkeit rechtfertigt Kurzfristigkeit nicht

Die Eilbedürftigkeit der Sache habe es nicht gerechtfertigt, die Anhörung so kurzfristig zu terminieren. Das Amtsgericht hätte zunächst die Haftfortdauer einstweilen anordnen (§ 427 FamFG) und sodann einen Anhörungstermin in der Hauptsache anberaumen können, der etwaigen Verfahrensbevollmächtigten eine Anwesenheit ermöglicht hätte.

BGH, Beschluss vom 26.01.2021 - XIII ZB 117/19

Redaktion beck-aktuell, 23. März 2021.