Abmahngebühren als rechtsmissbräuchliches Geschäftsmodell
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Sollen mit Abmahnungen hauptsächlich Gebühreneinkünfte erzielt werden, ist dies rechtsmissbräuchlich. Dies gilt auch, wenn ein Abmahnender nebenher tatsächlich eigene Rechte schützen möchte. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 28.05.2020 entschieden.  

Geschäftsmodell Abmahnung

Eine Doppel-CD mit Live-Aufnahmen des amerikanischen Gitarristen Al Di Meola hat die Gerichte beschäftigt. Sie war in Deutschland und anderen Ländern auf den Markt gebracht worden – allerdings ohne die notwendige Lizenz. Daher wurden in Deutschland insgesamt 16 Einzelhändler und die Vertreiberin im Namen des Künstlers abgemahnt. Danach trat dieser seine Ansprüche auf Kostenerstattung und Schadenersatz an seine Anwälte ab. Die Kosten waren erheblich: Rund 1.100 Euro für jeden der Händler und 1.700 Euro für die Vertreiberin. Ein Händler weigerte sich, zu zahlen. Das Amtsgericht Hamburg hatte den Anwälten Gebühren in Höhe von 865 Euro zugesprochen; vor dem LG Hamburg waren sie dann noch in Höhe von 184,31 Euro erfolgreich. Es sei – jedenfalls untergeordnet – auch um die Abwehr einer Rechtsverletzung gegangen.

Einnahmequelle führt zu Rechtsmissbrauch

Der I. Zivilsenat in Karlsruhe wies die Klage dann insgesamt ab. Schon das LG habe hier zutreffend starke Indizien dafür gesehen, dass das Ziel hauptsächlich die Erzeugung möglichst hoher Rechtsanwaltsgebühren gewesen sei. Nicht nur habe die Rechtsanwaltspartnerschaftsgesellschaft die Forderungen unter "eigener Regie" und auf "eigenes Risiko" verfolgt; es sei auch auffällig, dass in anderen Ländern nicht gegen die Urheberrechtsverletzung vorgegangen worden sei. Zudem seien parallel nicht nur die Zwischenhändlerin, sondern ohne Not auch Einzelhändler in Anspruch genommen worden: Es könne "…ein Indiz für einen Rechtsmissbrauch darstellen, dass schonendere Möglichkeiten der Anspruchsdurchsetzung nicht genutzt wurden". Aus Sicht der Karlsruher Richter ist das LG Hamburg hier entweder rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass Gewinnerzielung das einzige Motiv sein müsse, oder es hat im Rahmen der Gesamtabwägung das Schutzinteresse falsch gewichtet. Hier hätten eindeutig die wirtschaftlichen Interessen der Kanzlei rechtsmissbräuchlich im Vordergrund gestanden.

BGH, Urteil vom 28.05.2020 - I ZR 129/19

Redaktion beck-aktuell, 26. August 2020.