Ein Kunde hatte bei einer Genossenschaftsbank einen Zahlungsdiensterahmenvertrag, zu dem ein Giro- und ein Kreditkartenkonto sowie ein Wertpapierdepot gehörten. Alle diese Verträge beendete das Geldinstitut mit ordentlicher Kündigungsfrist. Vorausgegangen waren Streitigkeiten mit diesem, es gab unbestrittenermaßen "Entgleisungen und sehr unflätige Bemerkungen des Klägers gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern". Die Geschäftsbeziehung galt als zerrüttet. Bald nachdem die Bank Konten und Depot für aufgelöst erklärt hatte, schloss die Genossenschaft den Mann auch noch aus ihren Reihen aus.
"Kein Verstoß gegen Treu und Glauben"
Wie schon das AG Eggenfelden und das LG Landshut befand nun auch der Bankensenat des BGH die Beendigung für rechtmäßig (Urteil vom 15.10.2024 – XI ZR 50/23). Die Bundesrichter und -richterinnen kamen zu dem Schluss, dass die Vorschrift in den AGB der Genossenschaftsbank, die ihr ein ordentliches Kündigungsrecht mit angemessenen Fristen einräumte, nicht gegen § 307 BGB verstößt – selbst wenn die Klausel keinen sachgerechten Grund für den Abbruch verlangt. Nach § 307 BGB sind allgemein gegenüber Vertragspartnern verwendete Regelungen unwirksam, wenn sie diese "entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen". Das ist dem Gesetz zufolge etwa dann im Zweifel der Fall, "wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist".
Dafür sahen die Karlsruher Richter und Richterinnen jedoch keinen Anhaltspunkt. So sei hier nicht die Ausnahme für den Bereich des Gesellschaftsrechts in § 310 Abs. 4 S. 1 BGB maßgeblich. "Denn wenn der Geschäftsverkehr der Mitglieder mit ihrer Genossenschaft nicht korporationsrechtlicher Art ist, sondern auf vertraglicher Grundlage beruht, spielt er sich außerhalb des Mitgliedschaftsverhältnisses ab, sodass rein schuldrechtliche Beziehungen entstehen und das Mitglied der Genossenschaft insoweit wie ein außenstehender Dritter gegenübertritt", heißt es in dem Urteil.
Genug Zeit für Alternativen
Ein Girovertrag habe demnach ein Geschäftsbesorgungsverhältnis zum Inhalt, das aufgrund besonderen Vertrauens übertragen wird. Auch nach Umsetzung der Verbraucherkreditlinie in § 675h BGB im Jahr 2009 müsse kein Kündigungsgrund angegeben werden. Dasselbe gelte für den Depotvertrag, der gleichfalls ein Geschäftsbesorgungsverhältnis darstelle: Mangels einer Zeitbestimmung sei es nach § 696 S. 1 BGB (dieser regelt den Rücknahmeanspruch des Verwahrers) jederzeit auflösbar. Die in der AGB-Klausel vorgesehene Mindestkündigungsfrist ermögliche dem Ex-Kunden die rechtzeitige Einrichtung eines Depots bei einem anderen Geldhaus.
Gegen den Genossenschaftsgedanken verstieß die umfassende Kündigung aus Karlsruher Sicht ebenso wenig. "Zwar besteht nach § 1 Abs. 1 GenG das Wesen einer Genossenschaft darin, dass ihr Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern", schreibt der Senat. Doch lasse die Satzung der verklagten Bank auch Geschäftsbeziehungen mit Nicht-Mitgliedern der Genossenschaft zu. Mit anderen Worten: Dann gibt es keine Sonderrechte für (aktuelle oder ehemalige) Mitglieder. Schließlich könne sich der Kläger auch nicht auf den 2016 mit dem Zahlungskontengesetz ingeführten Anspruch auf ein sogenanntes Basiskonto berufen; dieses verschafft dem Inhaber bestimmte Rechte und kann auch als Pfändungsschutzkonto geführt werden, das vor dem Zugriff von Gläubigern auf das Existenzminimum schützt. Dafür habe er jedoch keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen.