Haftanhörung trotz Abwesenheit des Anwalts: Faire Verfahrensführung gewahrt

Ein Rechtsanwalt wollte eine Terminsverlegung in einer Abschiebesache, ohne nachvollziehbare Gründe zu nennen – die Anhörung seines Mandanten erfolgte daraufhin ohne ihn. Für den BGH war das zulässig, ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens sah er nicht.

Der XIII. Zivilsenat des BGH stellte klar, dass er den Grundsatz des fairen Verfahrens nach Art. 6 EMRK und § 34 FamFG hier nicht verletzt sieht: eine Anhörung in einem Überstellungshaftverfahren dürfe auch ohne Anwesenheit des Anwalts stattfinden, sofern der Verlegungsantrag weder schlüssig begründet noch erhebliche Hinderungsgründe geltend gemacht wurden (Beschluss vom 27.05.2025 – XIII ZB 71/24). Der Bevollmächtigte hatte hier lediglich pauschal mitgeteilt, er sei verhindert, ohne konkrete Umstände darzulegen.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte sich ein afghanischer Staatsangehöriger gegen seine Inhaftierung vor der geplanten Abschiebung nach Österreich gewehrt. Die Behörde hatte ihn in Vorbereitung auf seine Rücküberstellung ins benachbarte Österreich festgenommen. Sein Bevollmächtigter wurde über den für den nächsten Morgen angesetzten Anhörungstermin informiert, hatte aber telefonisch und schriftlich kurzfristig um eine Verlegung gebeten – ohne seine Verhinderung näher zu begründen. Das AG Unna lehnte die Verlegung ab, hörte den Afghanen in Abwesenheit seines Rechtsanwalts an und ordnete die Haft bis zur Überstellung an.

Für den Asylsuchenden stand fest: das AG habe dadurch den Grundsatz des fairen Verfahrens verletzt. Die gegen die amtsgerichtliche Entscheidung gerichtete Beschwerde hat das LG Dortmund zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde vor dem BGH blieb erfolglos.

Keine Pflicht zur Verlegung bei bloßer Verhinderungsanzeige

Das Gericht ist den Karlsruher Richterinnen und Richtern zufolge zwar grundsätzlich verpflichtet, einen anwaltlich vertretenen Betroffenen rechtzeitig über den Anhörungstermin zu informieren und eine Teilnahme des Bevollmächtigten zu ermöglichen (§ 420 Abs. 1 S. 1 FamFG). Jedoch könne bei kurzfristig gestellten und nicht ausreichend begründeten Verlegungsanträgen seitens des Gerichts auf eine Terminverschiebung verzichtet werden (§ 32 Abs. 1 S. 2 FamFG iVm § 227 Abs. 1 ZPO). Dafür spreche – wie zu Recht vom LG erkannt – die besondere Eilbedürftigkeit in Überstellungshaftverfahren und die Pflicht der Gerichte, im Rahmen ihres Ermessens die zügige Durchführung solcher Verfahren sicherzustellen.

Eine bloße Verhinderungsanzeige ohne Tatsachenschilderung wie hier genügt laut BGH jedenfalls nicht, um einen Anspruch auf Terminverlegung durchzusetzen. Erhebliche Hinderungsgründe habe der Jurist nicht genannt. Er habe lediglich mitgeteilt, "er könne den Anhörungstermin nicht wahrnehmen und bitte um Verlegung".

Die Möglichkeit einer einstweiligen Anordnung nach § 427 FamFG habe im konkreten Fall nicht bestanden, so der BGH. Die Haftanordnung sei materiell-rechtlich als Hauptsacheentscheidung zu qualifizieren gewesen.

BGH, Beschluss vom 27.05.2025 - XIII ZB 71/24

Redaktion beck-aktuell, ns, ns, 9. Juli 2025.

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