Wirecard-Betrug: Spiegel durfte Foto von Bellenhaus drucken

Wendet sich eine mutmaßliche Hauptfigur eines geschichtsträchtigen strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wie der frühere Wirecard Top-Manager in Dubai, Oliver Bellenhaus, selbst an die Öffentlichkeit, dürfen Medien laut BGH sowohl mit seinem Namen als auch mit seinem Foto über den Fall berichten.

Unmittelbar nach seinem Zeugenauftritt im Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestags, in dem Oliver Bellenhaus sich bei den Geschädigten entschuldigte und ankündigte, mit den Ermittlern zu kooperieren, erschien ein Spiegelartikel, in dem die Journalisten einen ausführlichen Versuch unternahmen, die Hintergründe des Milliardenbetrugs aufzudecken. Sie bebilderten ihren Artikel neben Bellenhaus – in Anzug und Krawatte - mit mehreren weiteren beteiligten Personen. Sein Foto untertitelten sie mit "Topmanager Bellenhaus 2006: So etwas wie der Höllenhund". Gegen diese Wort- und Bildberichterstattung wehrte der Manager sich zunächst vor dem LG München I erfolgreich, das OLG München erlaubte die identifizierende Wortberichterstattung und inzwischen obsiegte die Axel Springer SE im Revisionsverfahren vor dem BGH (Urteil vom 27.05.2025 – VI ZR 337/22) auch im Hinblick auf sein Foto.

Identifizierende Bildberichterstattung ist hier zulässig

Während eines Ermittlungsverfahrens überwiegt dem BGH zufolge grundsätzlich das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit, so dass ohne dessen Erlaubnis nicht identifizierend berichtet werden darf. Anders ist das aber bei einem herausragenden Ereignis der Zeitgeschichte wie dem "spektakulärsten Wirtschaftsskandal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland", wie der BGH es formuliert. Bellenhaus habe hierbei sowohl als Leiter der Wirecard-Tochter Cardsystems Middle-East FZ-LLC in Dubai als auch im Ermittlungsverfahren als Kronzeuge eine wichtige Rolle gespielt.

Mit seiner öffentlichen Entschuldigung bei den Geschädigten hat er sich laut dem VI. Senat aus freien Stücken in den Fokus der Öffentlichkeit begeben und damit auch ein Interesse an seiner Person geweckt. Der Artikel habe ihn nicht an den Pranger gestellt und er sei auch nicht der Einzige, der mit Foto abgebildet wurde. Die Karlsruher Richterinnen und Richter sahen auch in dem Foto keinen eigenen verletzenden Gehalt. Er selbst habe der Öffentlichkeit schon zuvor ein vergleichbares Portraitfoto zugänglich gemacht.

Bellenhaus tritt in dem noch laufenden Strafverfahren gegen sich und zwei weitere Angeklagte als Kronzeuge auf. Sein Untersuchungshaftbefehl wurde im Februar 2024 nach dreieinhalb Jahren gegen Auflagen ausgesetzt, er befindet sich auf freiem Fuß. Der Wirecard-Prozess wird voraussichtlich bis Ende 2025 andauern.

BGH, Urteil vom 27.05.2025 - VI ZR 337/22

Redaktion beck-aktuell, rw, 15. Juli 2025.

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