Irreführung des Verbrauchers durch Behaupten eines Vertrags

Einem Anwalt, der unzutreffenderweise eine Forderung seiner Mandantin behauptet, kann man diese Äußerung nicht wettbewerblich verbieten. Im Gegensatz zu einem bloßen Inkassodienstleister handelt er dem BGH zufolge nicht unlauter.

Eine Rechtsanwaltskanzlei trieb regelmäßig Forderungen für Unternehmen ein. Im Februar 2022 schrieb sie einem 85 Jahre alten Mann, er habe 2020 einen Mietvertrag über ein Mobilfunkgerät mit einer namentlich benannten GmbH geschlossen, und verlangte den hieraus noch ausstehenden Betrag. Doch der angebliche Kunde sah sich als Opfer eines Identitätsdiebstahl; auch gab es nur ein Unternehmen unter einem etwas anderem Namen.

Ein Verbraucherschutzverband verlangte von der Kanzlei, sie möge es unterlassen, einen Vertragsschluss zu behaupten, wenn der nie stattgefunden habe. Zudem hatte sie die angebliche Forderung mit zwei unterschiedlichen Beträgen beziffert. Verbraucher würden hierdurch in die Irre geführt und dazu verleitet, eine nicht bestehende Forderung zu begleichen. Der Verband scheiterte über den gesamten Instanzenzug – auch der BGH (Urteil vom 18.6.2025 – I ZR 99/24) wies die Revision zurück.

Keine geschäftliche Handlung

Der Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 S. 1 UWG kann demnach nur dann begründet sein, wenn die beanstandete Äußerung wettbewerbswidrig ist, weil sie einen Marktteilnehmer im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 1 UWG irreführt. Die Behauptung im aktuellen Fall, dass die GmbH eine Forderung gegen den Verbraucher habe, muss dabei aber eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG sein – also ein Verhalten zugunsten des eigenen Unternehmens. Das ist sie nicht, wenn sie durch einen Anwalt erfolgt, so der I. Zivilsenat: Das unabhängige Organ der Rechtspflege setze lediglich die Forderung seines Mandanten durch und mache sich dessen zugrundeliegenden Sachverhalt nicht zu eigen.

Die Karlsruher Richterinnen und Richter begründeten ihre Ansicht mit dem Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant. Müsste der Jurist alle mitgeteilten Sachverhalte überprüfen, weil er anderenfalls selbst von den Anspruchsgegnern in Anspruch genommen werden könnte, würde dieses zerstört. Auch eine ordnungsgemäße Interessenvertretung würde unterbunden, was eine unverhältnismäßig schwere Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG des Rechtsanwalts nach sich ziehe. Mit der unzutreffenden Äußerung fördere er zwar die Geschäfte des Mandanten, das sei aber nur eine "Reflexwirkung" – keine eigene geschäftliche Handlung. Im Unterschied zu Inkassounternehmen, die letztendlich dasselbe schreiben wie ein Anwalt bei einer Inkassotätigkeit, sei der aber als unabhängiger Berater und Unterstützer in rechtlichen Angelegenheiten tätig, während der Inkassodienstleister nur das Interesse des Mandanten im Blick habe.

Ausnahmsweise Rechtschutzbedürfnis gegeben

Grundsätzlich fehlt dem obersten Zivilgericht zufolge einer Unterlassungs- neben der Leistungsklage das Rechtschutzbedürfnis. Denn die Behauptung eines Vertragsverhältnisses solle in der Zahlungsklage überprüft werden, damit nicht zwei Gerichte dieselbe Frage unterschiedlich entscheiden.

Anders aber bei außergerichtlichen Behauptungen: Hier fehle es nur dann am Rechtschutzbedürfnis, wenn das Vorgehen gegen Äußerungen im wettbewerbsrechtlichen Verfahren die spätere Rechtsverfolgung oder -verteidigung beschränken kann. Dem BGH zufolge ist das hier nicht der Fall, weil die klagende Einrichtung lediglich gegen Ausführungen zur Begründung vorgehe – wenngleich jeder außergerichtliche Streit in einen Prozess münden könne.

BGH, Urteil vom 18.06.2025 - I ZR 99/24

Redaktion beck-aktuell, rw, 17. Juli 2025.

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