"Signature could not be obtained": Schiedsspruch gilt trotzdem

Ein Schiedsspruch muss grundsätzlich von allen Schiedsrichtern unterschrieben werden. Fehlt eine Unterschrift, muss dafür nach § 1054 Abs. 1 S. 2 ZPO ein Grund angegeben werden. Laut BGH reicht es dazu aus, wenn "signature could not be obtained" vermerkt ist.

Der Schiedsspruch, mit dem das Schiedsgericht im konkreten Fall eine Klage auf Schadensersatz aus Unternehmenskaufverträgen ("Asset Purchase Agreements") abwies, trug nur die Unterschriften von zwei der drei Schiedsrichter, die des dritten Schiedsrichters fehlte. Unterhalb seines Namens stand in Klammern "signature could not be obtained". In § 1054 Abs. 1 S. 1 ZPO ist geregelt, dass grundsätzlich alle Schiedsrichter den Schiedsspruch unterschreiben müssen. Nach Satz 2 genügen in schiedsrichterlichen Verfahren mit mehreren Schiedsrichtern die Unterschriften der Mehrheit der Schiedsrichter, sofern der Grund für eine fehlende Unterschrift angegeben wird.

Die Käuferin monierte den Vermerk "signature could not be obtained" als unzureichend und erstrebte deshalb die Aufhebung des Schiedsspruchs, hilfsweise sollte die Unwirksamkeit des Spruchs festgestellt werden. Das OLG teilte die Ansicht der Käuferin, dass der Klammerzusatz nicht genüge, da nicht erkennbar sei, aus welchem Grund die Unterschrift nicht erlangt werden konnte. Damit fehle es an einer zwingenden Förmlichkeit. Eine Aufhebung nach § 1059 ZPO komme aber nicht in Betracht, solange die Unterschrift fehle und kein Grund dafür genannt sei. Denn dann gebe es keinen Schiedsspruch, der aufgehoben werden könnte. Das OLG hielt daher den Aufhebungsantrag für unzulässig und gab nur dem Hilfsantrag statt. Dagegen legten sowohl Käuferin als auch Verkäuferin Rechtsbeschwerde ein.

Vermerk "signature could not be obtained" genügt

Die Rechtsbeschwerde der Käuferin beim BGH hatte Erfolg (Beschluss vom 11.07.2024 - I ZB 34/23). Das OLG muss nun erneut über den Aufhebungsantrag entscheiden. Der BGH stellt zunächst klar, dass das Erfordernis der Unterschriften bzw. der Angabe eines Grundes für das Fehlen einer Unterschrift als besondere Verfahrensvoraussetzung des Aufhebungsverfahrens von Amts wegen zu prüfen ist – wie es das OLG getan hat. Anders als das OLG meine, genüge die Anmerkung "signature could not be obtained" aber als Grund für das Fehlen einer Unterschrift im Sinn des § 1054 Abs. 1 S. 2 ZPO.

Nach § 1054 Abs. 1 S. 2 ZPO sei die Angabe eines Grundes gegenüber der Vorgängerregelung in § 1039 Abs. 1 S. 2 ZPO a.F. lediglich nicht mehr auf den Vermerk "Unterschrift konnte nicht erlangt werden" beschränkt; vielmehr könnten nun auch andere Gründe für das Fehlen einer Unterschrift angegeben werden. Der Vermerk reiche daher weiter aus. Dafür spreche auch, dass die Neufassung des § 1054 ZPO "weitere Erleichterungen" habe bringen sollen. Zudem verweist der BGH auf den Zweck des § 1054 Abs. 1 S. 2 ZPO: Durch die Angabe eines Grundes solle nur deutlich gemacht werden, dass die Unterschrift nicht versehentlich fehlt und das Ergebnis des Schiedsverfahrens mithin final ist.

Auch seien keine besonderen formalen Anforderungen an den Vermerk zu stellen. Insbesondere müsse er nicht gesondert unterschrieben werden. Offen lässt der BGH, ob erkennbar sein muss, wer die Verantwortung für den Vermerk übernommen hat. Denn das habe der Vorsitzende, der mittig unterhalb der anderen Schiedsrichter unterschrieb, hier getan.

Die Rechtsbeschwerde der Verkäuferin war ebenfalls erfolgreich. Problematisch war bei der Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde, dass sie sich gegen die Feststellung des Nichtbestehens eines Schiedsspruchs und nicht gegen eine Aufhebungsentscheidung richtete. Laut BGH ist aber § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 1 ZPO analog anzuwenden, sodass die Rechtsbeschwerde statthaft war.

BGH, Beschluss vom 11.07.2024 - I ZB 34/23

Redaktion beck-aktuell, hs, 2. August 2024.