Das LG Traunstein hatte für einen österreichischen Zahlungsbefehl eine Vollstreckungsklausel erteilt. Dagegen legte für den Schuldner eine österreichische Anwaltskanzlei sofortige Beschwerde ein - per Telefax und per Post. Das OLG hielt die Beschwerde für zulässig, hob den LG-Beschluss auf und verwies die Sache zurück.
Die Rechtsbeschwerde des Gläubigers dagegen hatte beim BGH Erfolg: Er hat die OLG-Entscheidung aufgehoben und die Beschwerde des Schuldners als unzulässig verworfen (Beschluss vom 15.05.2025 - IX ZB 1/24). Denn die Einreichung der Beschwerde per Telefax und Post sei unwirksam gewesen, der österreichische Anwalt hätte sie gemäß § 130d S. 1 ZPO elektronisch übermitteln müssen. Die anwaltliche Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs gelte grundsätzlich auch für in Deutschland vorübergehend tätige Anwälte aus dem EU-Ausland (sogenannte dienstleistende europäische Rechtsanwälte). Damit klärt der BGH eine lange umstrittene Frage.
Dienstleistende europäische Rechtsanwälte müssen Dokumente elektronisch übermitteln
Der BGH verweist auf § 27 Abs. 1 S. 1 EuRAG, der den dienstleistenden europäischen Rechtsanwalt mit einem deutschen Anwalt unter anderem im Rahmen der gerichtlichen Vertretung gleichstellt, insbesondere hinsichtlich dessen Rechten und Pflichten. Aufgrund dieser Gleichstellung gelte die Nutzungspflicht aus § 130d ZPO auch für den dienstleistenden europäischen Anwalt. Eine Ausnahme sei im EuRAG nicht vorgesehen.
Der Gesetzgeber habe vielmehr 2018 auch für dienstleistende europäische Rechtsanwälte die Möglichkeit eröffnet, ein beA zu erhalten (§ 27a Abs. 1 S. 1 EuRAG), weil er im Blick auf die damals startende passive Nutzungspflicht auch sie verpflichtet sah, einen sicheren Übermittlungsweg für die Zustellung elektronischer Dokumente zu schaffen. Ebenso gelte für dienstleistende europäische Rechtsanwälte grundsätzlich auch die aktive Nutzungspflicht, sodass sie Dokumente elektronisch übermitteln müssten. Die Dienstleistungsfreiheit stehe dem nicht entgegen. Ob es Ausnahmen geben muss, ließ der BGH offen.
Der BGH ist auch auf die umstrittene Frage eingegangen, ob eine „Rubrumsunterschrift“ dem Schriftlichkeitserfordernis genügt. Vor dem Hintergrund, dass eine solche Unterschrift nach österreichischem Verfahrensrecht genüge, bejaht der BGH das. Der österreichische Anwalt hatte die Schrift im Rubrum unterzeichnet, nicht aber am Ende der Schrift handschriftlich unterschrieben.