Für seinen Mandanten, der seine Drittwiderspruchsklage gegen eine Pfändung durch das Finanzamt verloren hatte, legte ein Anwalt Berufung ein. In der Berufungsschrift schrieb er: "Anträge und die Begründung bleiben einem besonderen Schriftsatz vorbehalten, welcher binnen einer Frist von sechs Wochen und somit bis zum 07.02.2023 erfolgen wird." Der Senatsvorsitzende des OLG wies am 02.02.2023 darauf hin, dass die Frist am Montag, den 30.01.2023 abgelaufen sei. Daraufhin begründete der Jurist das Rechtsmittel am 06.02.2023 und beantragte hilfsweise Wiedereinsetzung, weil sein Schriftsatz einen Antrag auf Fristverlängerung enthalten habe. Das OLG verwarf die Berufung des Manns als unzulässig.
Auch vom IX. Zivilsenat gab es keine Wiedereinsetzung (Beschluss vom 19.12.2024 – IX ZB 16/23). Die Karlsruher Richterinnen und Richter stellten sich allein schon die Frage, ob der Anwalt überhaupt einen Fristverlängerungsantrag gestellt habe. Jedenfalls habe er hierfür keine Begründung geliefert, monierte das Kollegium, so dass er damit hätte rechnen müssen, dass sein Antrag wegen Verzögerung des Rechtsstreits abgelehnt werden würde.
Keine konkludente Darlegung einer Arbeitsüberlastung
Entgegen der Ansicht des Juristen fehle die Angabe eines erheblichen Grunds nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO. Im Antrag seien – trotz wohl vorhandener Arbeitsüberlastung – überhaupt keine Umstände genannt worden, aus denen ein Rückschluss auf den erheblichen Grund hätte gezogen werden können. Der Senat führte aus: "Allein aus der unterbliebenen Angabe anderer Hinderungsgründe folgt nicht, dass sich der Klägervertreter zur Begründung seines Fristverlängerungsantrags (konkludent) auf eine Arbeitsüberlastung berufen habe."
Zudem müsse er sich um die Wahrung der Fristen kümmern, wenn er einen Antrag in dieser Form stelle. Das Gericht müsse ihn nicht erinnern: "Es (ist) Sache des Prozessbevollmächtigten, von sich aus bei Gericht rechtzeitig nachzufragen, ob die Frist möglicherweise dennoch verlängert worden ist, so dass er andernfalls noch vor Fristablauf die Berufungsbegründung oder einen begründeten Verlängerungsantrag einreichen kann."