Die Firma war pleite, und der Insolvenzverwalter der AG versuchte zu retten, was zu retten war. Das Unternehmen und ein früheres Vorstandsmitglied waren wegen einer Pflichtverletzung in Anspruch genommen worden. Im November 2015 meldete es Insolvenz an. Der Resteverwalter zahlte aus der Insolvenzmasse noch eine Prämie an den Versicherer. Doch der teilte ihm im März 2016 mit, dass der Versicherungsvertrag automatisch mit Ablauf der Versicherungsperiode, in der der Insolvenzantrag gestellt worden sei, geendet habe, auch eine Nachmeldefrist bestehe nicht. Nachdem ihm der Beitrag zurücküberwiesen worden war, verlangte er im April 2019 von zwei Ex-Vorständen Zahlungen an die Insolvenzmasse, schloss mit ihnen einen Vergleich und ließ sich den beträchtlichen Restbetrag von knapp 900.000 Euro abtreten. Den forderte er nun von der Assekuranz.
Während das LG und das OLG Frankfurt a. M. seine Klage abschmetterten, stufte der BGH die zugrundeliegenden Klauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) als unzulässig ein und verwies den Fall zurück an die Vorinstanz in der Mainmetropole (Urteil vom 18.12.2024 – IV ZR 151/23). Die obersten Zivilrichter sahen einen Verstoß gegen § 11 Abs. 1 und 3 VVG, wonach zugunsten eines Versicherungsnehmers bei einer ordentlichen Kündigung stets eine Mindestkündigungsfrist von einem Monat einzuhalten ist. Da die vorliegenden Vertragsbedingungen das "Hauptleistungsversprechen" auf Schadensersatz einschränkten, dürften sie von der Justiz an den Maßstäben des AGB-Rechts (§ 307 BGB) gemessen werden.
Zeit für Suche nach neuem Schutz
"Mit der Normierung von (Mindest-)Kündigungsfristen in Dauerschuldverhältnissen beabsichtigt der Gesetzgeber den Schutz des Vertragspartners, dem Gelegenheit gegeben werden soll, sich rechtzeitig auf die Beendigung des Vertragsverhältnisses einstellen zu können", stellte der IV. Zivilsenat fest. § 11 Abs. 3 VVG solle dem Versicherungsnehmer einen gewissen Zeitraum für die Suche nach neuem Schutz sichern und ihn vor einem "abrupten Ende" des Versicherungsverhältnisses schützen. Die Vertragsbedingungen hatten hingegen vorgesehen, dass die Versicherung automatisch ende, wenn beispielsweise ein Insolvenzantrag gestellt wird. Im Normalfall sollte sich stattdessen der Vertrag jeweils um ein Jahr verlängern, wenn er nicht spätestens drei Monate vorher gekündigt wurde.
Auch die "halbzwingende" Vorschrift des § 18 VVG, die bestimmte Abweichungen unter anderem von § 11 erlaubt, konnte die Klauseln aus Sicht der Bundesrichter nicht rechtfertigen. Dass das OLG die Anwendung der Nachmeldeklausel verweigert hatte, fand ebenso wenig ihre Billigung. Dies ergebe sich aus der Auslegung ihres Wortlauts. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer werde ihr im Gesamtkontext nicht entnehmen, dass es für den Ausschluss der Nachmeldefrist alleine auf den Umstand der Insolvenzantragstellung ankomme.