Ungültiger Rauswurf aus Anwaltsgesellschaft
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Beruft bei einer Partnerschaftsgesellschaft ein Unbefugter eine Gesellschafterversammlung ein, sind die dort gefassten Beschlüsse nichtig. Das hat der BGH im Fall einer Anwaltssozietät entschieden, bei der nicht der Managing Partner eingeladen hatte, obwohl der Gesellschaftsvertrag das vorsah. Der dort beschlossene Rauswurf eines Gesellschafters ist daher ungültig.

Freiberufler können sich (nach § 1 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes aus dem Jahr 1994) zu einer Partnerschaftsgesellschaft zusammenschließen. Seit 2013 gibt es sie zudem in der Variante einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung ("Part mbB" oder "PartGmbB"). Bei dieser sind die Gesellschafter – ähnlich wie bei einer Kapitalgesellschaft (zum Beispiel einer GmbH) – stärker vor dem Zugriff von Gläubigern geschützt.

Eine solche Part mbB gründeten 2007 drei Anwälte in Frankfurt a.M. und nahmen später zwei weitere Partner auf. Die Kanzlei ist nach Informationen von beck-aktuell insbesondere auf die Beratung von institutionellen Anlegern am Kapitalmarkt spezialisiert. Im Jahr 2020 lud einer der Gründungspartner zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung ein. Einziger Tagesordnungspunkt: Der sofortige Ausschluss eines anderen Mitglieds des Gründungstrios, der dann auch in dessen Abwesenheit einhellig verfügt wurde. Allerdings sah der Sozietätsvertrag vor, dass die Partnerversammlung vom Managing Partner einberufen wird – und das war der Einladende nach Angaben des Klägers nicht.

Das LG Frankfurt a.M. und das dortige OLG prüften diese Behauptung gar nicht erst, weil sie den Rausschmiss unabhängig davon für gültig hielten. Deshalb sah sich der BGH als Revisionsgericht an diese Angabe des Klägers gebunden – und kippte genau deswegen die Sprüche der Vorinstanzen (Urteil vom 16.07.2024 – II ZR 100/23). Die Begründung: "Bei der Partnerschaftsgesellschaft führt die Einberufung durch einen Unbefugten zur Unwirksamkeit der Einladung und zur Nichtigkeit der auf der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse."

"Schwerwiegender Mangel"

Der II. Zivilsenat machte zwar die Einschränkung, dass seit dem Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz von 2021 "Verstöße gegen Form, Frist und Inhalt" einer solchen Einberufung nur dann zur Nichtigkeit von Beschlüssen führen, wenn dadurch der mit den gesellschaftsvertraglichen oder gesetzlichen Ladungsbestimmungen verfolgte Zweck vereitelt werde. Der liege darin, dem einzelnen Gesellschafter die Vorbereitung auf die Tagesordnungspunkte und die Teilnahme an der Versammlung zu ermöglichen. Werde dieser "Dispositionsschutz" verletzt, liege ein schwerwiegender Mangel vor – sofern nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Verfahrensmangel sich auf das Ergebnis ausgewirkt habe.

Auf die Einberufung der Gesellschafterversammlun durch einen Unbefugten sei dies indes nicht übertragbar. Diese führe rechtsformübergreifend zur Unwirksamkeit der Einladung und zur Nichtigkeit der auf der Versammlung gefassten Beschlüsse, schreiben die Bundesrichter und -richterinnen unter Berufung auf zahlreiche eigene Urteile aus den Jahren 1953 bis 2024. Denn es liege kein bloßer Formmangel vor. Vielmehr fehle es an einem Mindesterfordernis: "Die Ladung durch einen Unbefugten kommt einer Nichtladung gleich und kann vom Geladenen unbeachtet bleiben, ohne dass ihm hieraus nachteilige Rechtsfolgen erwachsen dürfen." Die Beachtung der Ladungsbefugnis diene nämlich der Sicherung eines für jeden Gesellschafter unverzichtbaren Rechts – seines Teilnahmerechts an der Versammlung und der damit verbundenen Einflussmöglichkeit auf die Willensbildung der Gesellschaft.

Keine Ausnahme für kleine Personengesellschaften

Im Hinblick auf das "Gewicht der drohenden Rechtsbeeinträchtigung" gilt dies den obersten Zivilrichtern und -richterinnen zufolge auch dann, wenn es sich – wie hier – um eine personalistisch geprägte Gesellschaft handelt. Das bekräftigen sie mit einem vergleichenden Blick ins Kapitalgesellschaftsrecht: Auch bei der AG sowie bei der GmbH, auf welche die aktienrechtlichen Grundsätze zu übertragen seien, werde in diesem Punkt nicht danach unterschieden, ob es sich um eine Gesellschaft mit einem kleinen oder einem großen Mitgliederkreis handelt (§ 241 Nr. 1 AktG, § 121 Abs. 2 AktG). Und: Selbst wenn es zu jenem Zeitpunkt gar keinen Managing Partner gegeben haben sollte, könne der damalige Einladende nicht als befugt zur Einberufung angesehen werden, ergänzt der Karlsruher Senat. Nun muss das OLG Frankfurt a.M. den Fall noch einmal aufrollen.

BGH, Urteil vom 16.07.2024 - II ZR 100/23

Redaktion beck-aktuell, Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 28. August 2024.