Zulassung fehlt: Vertrag über Online-Mentoring-Programm für 47.600 Euro nichtig

Wer Fernunterricht anbietet, braucht dafür eine behördliche Zulassung, ohne sind Verträge nichtig. Aber wann liegt Fernunterricht vor? Und gilt das nur, wenn der Vertrag mit einem Verbraucher geschlossen wurde? Der BGH hat entschieden.

Ein Mann schloss einen Vertrag über ein "9-Monats-Business-Mentoring-Programm Finanzielle Fitness". Kostenpunkt: 47.600 Euro. Das Programm sollte unter anderem Kenntnisse in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Unternehmensorganisation vermitteln. Es beinhaltete regelmäßige Online-Meetings, Lehrvideos und Workshops. Der Teilnehmer zahlte zunächst 23.800 Euro und begann das Programm, bevor er es nach sieben Wochen kündigte und die Rückzahlung der gezahlten Gebühren verlangte.

Das OLG Stuttgart hatte in der Vorinstanz entschieden, dass der Vertrag wegen Verstoßes gegen das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) nichtig ist. Über die nach § 12 Abs. 1 S. 1 FernUSG erforderliche Zulassung verfüge das Programm nicht. Deswegen erachtete das OLG den Vertrag für nichtig und bejahte einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vergütung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB), während es einen Anspruch des Anbieters des Mentoring-Programms auf Zahlung des zweiten Teils der vereinbarten Gebühr nicht sah.

BGH bejaht Fernunterricht

Der BGH bestätigte die Ansicht des OLG und wies die Revision des Kursanbieters zurück (Urteil vom 12.06.2025 – III ZR 109/24). Die Karlsruher Richterinnen und Richter halten das FernUSG für anwendbar. Bei dem gebuchten Programm handele es sich um Fernunterricht im Sinne des § 1 Abs. 1 FernUSG: Dieser sei definiert als die auf vertraglicher Grundlage erfolgende, entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und der Lehrende den Lernerfolg überwacht.

Die erste Voraussetzung, die Vermittlung von Kenntnissen, sei erfüllt. Insbesondere liege hier kein Coaching- oder Mentoring-Angebot vor, bei dem es vor allem um die individuelle und persönliche Beratung und Begleitung des Kunden gehe. Daher ließ der BGH offen, inwieweit es in einem solchen Fall darum geht, "Kenntnisse und Fähigkeiten" im Sinn des § 1 Abs. 1 FernUSG zu vermitteln. Zwar beinhalte das Programm zwei Online-Einzelsitzungen bei einem Personal-Coach "zur Auflösung persönlicher Blockaden". Das sei aber nicht der Schwerpunkt des Unterrichts. Vielmehr würden in der Programmbeschreibung Lernziele vordefiniert, die von der konkreten unternehmerischen Tätigkeit der verschiedenen Teilnehmer unabhängig sind. Wiederholt werde auf zu erwerbendes "Wissen", "Know-How" und "finanzielle Bildung" verwiesen wird - und der Anbieter bezeichne sich selbst als "Akademie".

Der BGH sah, wie bereits das OLG, auch die zumindest überwiegende räumliche Trennung zwischen Lehrendem und Lernendem bei der Vermittlung der Kenntnisse und Fähigkeiten, gegeben. Offen ließ er, ob dieses Tatbestandsmerkmal nur dann vorliegt, wenn die Darbietung des Unterrichts und dessen Abruf durch den Lernenden zeitlich versetzt (asynchron) erfolgt. Denn darauf kam es hier nicht an: Die asynchronen Unterrichtsanteile überwogen ohnehin. Hierzu zählte der BGH nicht nur die Lehrvideos und die Hausaufgaben, sondern auch die Online-Meetings. Hintergrund war, dass diese zusätzlich aufgezeichnet und den Teilnehmern anschließend zur Verfügung gestellt wurden. Für den BGH sind sie damit als asynchroner Unterricht zu behandeln, weil sie "zeitversetzt zu einem beliebigen Zeitpunkt angeschaut werden können und eine synchrone Teilnahme damit entbehrlich machen".

Schließlich sei auch das dritte Merkmal erfüllt: die geschuldete Überwachung des Lernerfolgs durch den Lehrenden. Das folgerte der BGH daraus, dass die Programmbeschreibung für die Teilnehmer ausdrücklich die Möglichkeit und damit auch deren Recht vorsah, in den Online-Meetings, per E-Mail oder in der Facebook-Gruppe Fragen zu stellen. Das Fragerecht beziehe sich – jedenfalls auch – auf das eigene Verständnis des erlernten Stoffs, wodurch der Teilnehmer eine persönliche Lernkontrolle herbeiführen und überprüfen könne, ob er die vermittelten Inhalte zutreffend erfasst hat und richtig anwenden kann, so der BGH.

FernUSG greift auch bei Verträgen mit Unternehmern

Weiter betont der BGH, dass § 12 Abs. 1 S. 1 FernUSG auch auf Verträge zwischen Unternehmern anwendbar ist. Das FernUSG gelte nicht nur für Fernunterrichtsverträge mit einem Verbraucher im Sinn des § 13 BGB. Das folgert der BGH einmal aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 FernUSG, der die Parteien eines Fernunterrichtsvertrags schlicht als "Veranstalter" und "Teilnehmer" bezeichnet. Auch § 1 Abs. 1 Nr. 1 FernUSG spreche nur allgemein von dem Lernenden, ohne weitere Anforderungen an dessen Person zu stellen. Eine richterliche Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion, wonach mit Teilnehmer nur der Verbraucher gemeint sei, schließt der BGH aus. Die Voraussetzungen dafür lägen nicht vor.

Abschließend blieb noch zu klären, ob der Veranstalter hier (nach der Saldotheorie) Wertersatz für die bereits erbrachten Leistungen verlangen konnte – schließlich hatte der Teilnehmer schon sieben Wochen von dem Programm profitiert, bevor er den Vertrag kündigte. Der BGH blieb auch hier hart: Bei Anwendung der Saldotheorie treffe den Bereicherungsschuldner – hier also den Programmanbieter – die Darlegungs- und Beweislast für eine die Bereicherung mindernde Position. Er habe den Anspruch der Höhe nach nicht ausreichend dargelegt. Dafür hätte er nachweisen müssen, dass der Teilnehmer durch die erbrachten Dienste entsprechende Aufwendungen erspart hat. Das sei nur dann der Fall, wenn der Teilnehmer, hätte er gewusst, dass sein Anbieter nicht über die Zulassung nach § 12 Abs. 1 S. 1 FernUSG verfügt, einen anderen befugten Anbieter betraut hätte und diesem eine entsprechende Vergütung hätte zahlen müssen.

BGH, Urteil vom 12.06.2025 - III ZR 109/24

Redaktion beck-aktuell, bw, 14. Juli 2025.

Mehr zum Thema