GmbH-Geschäftsführer: Keine Syndikuszulassung ohne Arbeitsvertrag
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Wer als GmbH-Geschäftsführer auf Grundlage eines Anstellungsvertrags tätig ist, kann nicht als Syndikusrechtsanwalt zugelassen werden. Für eine Zulassung braucht es einen Arbeitsvertrag gem. § 611a BGB, entschied der BGH am Montag nach mündlicher Verhandlung. Martin W. Huff war dabei.

Lange war der BGH der Entscheidung aus dem Weg gegangen. Jetzt steht fest: Wer über ein Anstellungsverhältnis in Form eines Dienstvertrags verfügt, kann nicht zugelassen werden. Das hat der Anwaltssenat des BGH am Montag in zwei Musterverfahren entschieden (Urteile vom 11.11.2024 – AnwZ (Brfg) 22/23 und AnwZ (Brfg) 36/23). Aus Sicht der Richterinnen und Richter ist das kein Widerspruch dazu, dass die Deutsche Rentenversicherung auch bei GmbH-Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern von einer abhängigen Beschäftigung im sozialrechtlichen Sinne ausgeht und damit eine Rentenversicherungspflicht der beiden Antragstellenden festgestellt hatte.

Damit ist eine der letzten umstrittenen Fragen im Rahmen der Zulassung von Syndikusrechtsanwältinnen und -anwälten entschieden. Bei den Anwaltsgerichtshöfen und den regionalen Rechtsanwaltskammern ruhten eine Vielzahl von Zulassungsverfahren mit vergleichbaren Sachverhalten – bis heute.

Dienstvertrag ist kein Arbeitsvertrag

Bisher hatte sich der BGH vor der Grundsatzentscheidung gedrückt, ob auch Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer einer GmbH als Syndizi zugelassen werden können, obwohl sie in aller Regel auf Grundlage eines Dienstagsvertrags, also nicht - wie vom Wortlaut des § 46 Abs. 2 BRAO verlangt – als "Angestellte" "im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses" anwaltlich für ihren Arbeitgeber tätig sind.

Er beschränkte sich darauf, die Merkmale der Syndikustätigkeit des § 46 Abs. 3 – 5 BRAO zu prüfen. Eine der wesentlichen Voraussetzungen für eine Zulassung als Syndikus oder Syndika ist die Frage der Weisungsabhängigkeit.

Bei Arbeitnehmern, also auf Grundlage eines Arbeitsvertrags angestellten Juristinnen und Juristen, reicht laut BGH die vertragliche Zusicherung aus, dass er oder sie unabhängig agieren kann. Für Geschäftsführer in einer GmbH hatte der BGH bisher nur entschieden, dass ihre Weisungsunabhängigkeit nicht vertraglich geregelt werden könne: Bei der GmbH sei jedenfalls eine Satzungsänderung erforderlich, um die Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers gemäß § 37 GmbHG für die anwaltliche Tätigkeit aufzuheben (BGH, Urteil vom 7.12.2020 – AnwZ (Brfg) 17/20). Der BGH sieht einen erheblichen Unterschied zwischen einem Arbeitsvertrag und einem Dienstvertrag, auch unter Berufung auf die Rechtsprechung des BAG.

Aufgrund zweier Berufungsverfahren musste der Senat nun Farbe bekennen. Am deutlichsten war der Fall, der vom Bayerischen Anwaltsgerichtshof zum BGH kam.

Unabhängigkeit in der Satzung regelbar?

Bei der Rechtsanwaltskammer Nürnberg hatte ein GmbH-Geschäftsführer den Antrag auf Zulassung als Syndikusrechtsanwalt gestellt. Der Gesellschafter-Geschäftsführer war einer von vier Geschäftsführern der GmbH, zuständig für Recht und Datenschutz, und mit 25% an der GmbH beteiligt. Im Gesellschaftsvertrag fand sich folgende Regelung:

"Ist ein Geschäftsführer nach § 46 BRAO zugleich als Syndikusrechtsanwalt für die Gesellschaft tätig, so ist er im Rahmen dieser Tätigkeit gegenüber der Gesellschaft nicht weisungsgebunden. § 37 GmbHG findet insoweit auf seine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt keine Anwendung."

Zudem hatte bei der DRV ein Statusfeststellungsverfahren gemäß § 7a SGB IV stattgefunden, in dem – nach der Rechtsprechung des BSG zutreffend – der Geschäftsführer als sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter eingestuft wurde.

Die Rechtsanwaltskammer Nürnberg erteilte – da auch alle anderen Merkmale für die Zulassung gegeben waren – die Zulassung, gegen die die DRV – erwartungsgemäß – klagte.

Und der Bayerische AGH gab der Klage der DRV statt. Er vertrat die Auffassung, dass GmbH-Geschäftsführer nicht unter den Anwendungsbereich des § 46 Abs. 2 BRAO fallen und eine analoge Anwendung der Norm – im Gegensatz zur nahezu einhelligen Literaturansicht – nicht in Betracht kommt. Auch die Feststellung im Statusfeststellungsverfahren ändere daran nichts.

Im zweiten Verfahren ging es um die Geschäftsführerin einer GmbH, die an dieser nicht beteiligt ist. Hier war auch die Weisungsfreiheit in der Satzung geregelt. Dem Hessischen Anwaltsgerichtshof hatte dies ausgereicht, dagegen hatte ebenfalls die DRV geklagt.

BGH: Keine beschränkte Arbeitnehmerhaftung, keine Zulassung

Der Auffassung des Bayerischen AGH ist der BGH jetzt nach zwei ausführlichen mündlichen Verhandlungen gefolgt, der Jurist und die Juristin werden nicht als Syndizi zugelassen.

Die Vorsitzende des Anwaltssenats, BGH-Präsidentin Bettina Limperg, machte am Montag in ihrer Darstellung der Sach- und Rechtslage keinen Hehl aus der vorläufigen Auffassung des Senats, die sich in den noch abends gefällten Urteilen manifestierte: Der Wortlaut des § 46 Abs. 2 BRAO sei eindeutig, er verlange ein Arbeitsverhältnis und nicht nur einen Anstellungsvertrag. Auch nach der Rechtsprechung des BAG sei eine Anstellung als GmbH-Geschäftsführer etwas anderes als die Beschäftigung als Arbeitnehmer.

Diese enge Auslegung hält der Anwaltssenat für gerechtfertigt, da nur der Arbeitnehmer von den Grundsätzen der Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung profitieren könne. Diese Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung sichere auch die Unabhängigkeit des Syndikusrechtsanwalts. Denn wer, so der BGH in der mündlichen Verhandlung, nicht befürchten muss, wegen jedes Fehlers zu haften, der kann unabhängig beraten. Der Geschäftsführer einer GmbH hingegen hafte gegenüber den Gesellschaftern; dies sei doch etwas anderes.

Auch wenn die Richterinnen und Richter eine "gesetzlich nicht ideale Regelung" einräumten, sahen sie am Ende auch keine planwidrige Regelungslücke, die eine analoge Anwendung ermöglichen würde. Ändern könne das nur der Gesetzgeber, der dazu bisher keine Notwendigkeit gesehen habe, so Limperg am Montag.

Gibt es noch Gestaltungsmöglichkeiten?

Auch wenn die Entscheidungsgründe aus Karlsruhe erst in einigen Wochen vorliegen werden, ist eines klar: Wer als Syndikusrechtsanwältin oder -rechtsanwalt nicht über einen klassischen Arbeitsvertrag gemäß § 611a BGB verfügt, sondern über einen "Anstellungsvertrag" als Dienstvertrag, der hat ohne eine Gesetzesänderung keine Chance, als Syndikusrechtsanwalt zugelassen zu werden.

Alle noch ruhenden Antrags- und Klageverfahren werden jetzt zu einer Ablehnung der Zulassung führen. Der BGH hat sich eindeutig positioniert, auch wenn man hieran, gerade im Hinblick auf die Sozialversicherungspflicht der meisten Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer, erhebliche Zweifel haben kann, ob das tatsächlich dem Willen des Gesetzgebers entspricht.

Geprüft werden muss noch, ob es andere Gestaltungsmöglichkeiten gibt. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung stark auf die Frage der Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung als Voraussetzung für die Syndikuszulassung abgestellt. Möglich wäre etwa der Abschluss eines Arbeitsvertrags mit allen Rechten und Pflichten und dann die Ernennung zum Geschäftsführer ohne einen weiteren Vertrag. Ob das möglich bleibt, muss man aber anhand der schriftlichen Urteilsgründe genau prüfen.

Martin W. Huff ist Rechtsanwalt in Singen (Hohentwiel) und vertritt Unternehmensjuristinnen und -juristen in Zulassungsfragen. Er war lange Jahre Geschäftsführer der Anwaltskammer Köln und publiziert regelmäßig zum anwaltlichen Berufsrecht.

BGH, Urteil vom 11.11.2024 - AnwZ (Brfg) 22/23

Redaktion beck-aktuell, Martin W. Huff, 12. November 2024.