"Impfen macht frei"-Post bei Facebook: BGH bejaht Volksverhetzung
Schienen zum Konzentrationslager Auschwitz, Holocaust-Denkmal
© Nataliia / Adobe Stock
Schienen zum Konzentrationslager Auschwitz, Holocaust-Denkmal

Ein Facebook-Posting mit der Aufschrift "Impfen macht frei" in Anlehnung an das Eingangstor des KZ Ausschwitz mit der Aufschrift "Arbeit macht frei" stellt eine Volksverhetzung dar. Es sei dazu geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören und Betrachter zu emotionalisieren, so der BGH.

Ein 65 Jahre alter Mann hatte im April 2020 über sein von jedem Nutzer einsehbares "Facebook"-Profil eine karikaturhaft anmutende Abbildung gepostet, die den Untertitel "Die Pointe des Coronawitzes" trug. Sie zeigte das Eingangstor zu einem Lager, über dem der geschwungene Schriftzug "Impfen macht frei" angebracht war. Das Eingangstor war augenscheinlich an dasjenige des Konzentrationslagers Auschwitz mit dem Schriftzug "Arbeit macht frei" angelehnt. Das Tor flankierten zwei schwarz gekleidete, soldatisch anmutende Wächter, die jeweils eine überdimensionierte, mit einer grünen Flüssigkeit gefüllte Spritze in den Armen hielten. Im Inneren des Lagers waren zwei blumengeschmückte Bildnisse zu erkennen, nämlich das Portrait eines überzeichnet dargestellten Chinesen sowie eines des "Microsoft"-Gründers Bill Gates, der sich nach seinem Rückzug aus dem Unternehmen auch immer wieder in gesundheitspolitischen Fragen zu Wort gemeldet hat.

Das LG Köln hatte in dem Posting eine Volksverhetzung nach § 130 Abs. 3 StGB in der Tathandlungsvariante des Verharmlosens des NS-Völkermords gesehen (Urteil vom 12.06.2024 – 113 KLs 16/23). Dagegen legte der 65-Jährige Revision ein, die ohne Erfolg blieb. Es bestünden keine Rechtsfehler in der Begründung des LG, so der BGH.

Posting stört öffentlichen Frieden

In der Begründung hatte das LG Köln angeführt, die untertitelte Abbildung verschleiere und bagatellisiere das historisch einzigartige Unrecht der in Konzentrationslagern vollzogenen Vernichtung von Millionen europäischen Juden und anderen vom nationalsozialistischen Regime verfolgten Gruppen in seinem wahren Gewicht. Der Unwertgehalt des NS-Völkermordes würde dadurch qualitativ abgewertet. Dass der Mann womöglich die Auswirkungen von Coronaschutzmaßnahmen "überzogen dramatisiert" darstellen wollte, ändere daran nichts.

Die Darlegung des LG, die Veröffentlichung der untertitelten Abbildung sei geeignet gewesen, den öffentlichen Frieden - das Vertrauen in die allgemeine Rechtssicherheit - zu gefährden, beruhe auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung, bestätigte auch der BGH mit einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss (vom 04.02.2025 – 3 StR 468/24).

So habe das Kölner Gericht nachvollziehbar darauf abgestellt, die Abbildung impliziere, den Betroffenen staatlicher Coronaschutzmaßnahmen werde gleiches Unrecht zugefügt wie den Opfern des Holocausts. Deshalb sei sie geeignet, ihre Betrachter aggressiv zu emotionalisieren. Auch habe das LG Köln vertretbar festgestellt, dass dem Posting auch ein Appellcharakter dahingehend beizumessen sei, man solle sich gegen Coronamaßnahmen rechtzeitig zur Wehr setzen, ehe es zu einem staatlichen Impfzwang komme.

BGH, Beschluss vom 04.02.2025 - 3 StR 468/24

Redaktion beck-aktuell, js, 29. April 2025.

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