Die heute 32-jährige Frau war 2014 mit ihrer ein Jahr alten Tochter nach Syrien zu ihrem Ehemann, einem IS-Kämpfer, gereist. Dort lebte sie mit ihrer Familie in der vom IS kontrollierten Stadt Rakka und schloss sich ebenfalls der dschihadistischen Terrormiliz an. Sie übernahm entsprechend der ihr vom IS als Frau zugedachten Rolle den Haushalt und die ideologische Kindererziehung. Sie unterwarf sich den Regeln und Befehlen des IS und wurde von ihm alimentiert.
Im September 2015 wurde ihr Ehemann von einer Drohne getötet. Die Frau heiratete erneut einen (versehrten) IS-Kämpfer. Nachdem sie sich von ihm hatte scheiden lassen und sich abzeichnete, dass Rakka noch stärker angegriffen wird, zog sie mit ihren mittlerweile drei Kindern in die verbliebene IS-Hochburg Mayadin. Dort blieb sie mit ihnen bis August 2017. Schließlich kehrte sie nach Deutschland zurück.
Das OLG Hamburg verurteilte die Frau zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten - wegen zwei Fällen der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland (§§ 129a Abs. 1 Nr. 1, 129b Abs. 1 S. 1 und 2 StGB), davon in einem Fall in Tateinheit mit Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht (§ 171 Alt. 1 StGB). Es nahm also zwei tatmehrheitliche Fälle (§ 53 Abs. 1 StGB) der mitgliedschaftlichen Beteiligung an, von denen einer mit der Fürsorge- und Erziehungspflichtverletzung in Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB) steht. Diese Beurteilung der Konkurrenzen entsprach der seit 2015 geltenden BGH-Rechtsprechung.
Aufgabe bisheriger Rechtsprechung zu Konkurrenzen
Diese Rechtsprechung hat der der 3. Strafsenat des BGH nun aber aufgegeben und den Schuldspruch, nicht aber die Höhe der Strafe geändert (Urteil vom 14.11.2024 - 3 StR 189/24). Er entschied, dass der Tatbestand der mitgliedschaftlichen Beteiligung alle Betätigungen des Mitglieds für die terroristische (oder kriminelle) Vereinigung grundsätzlich zu einer einzigen materiellrechtlichen Tat verbindet. Diese rechtliche Handlungseinheit umfasse mithin nicht nur die Beteiligungsakte, die anderenfalls straflos wären, sondern grundsätzlich auch solche, die noch ein weiteres Strafgesetz verletzten. Die anderen Gesetzesverstöße würden durch die mitgliedschaftliche Beteiligung zu Tateinheit verklammert.
Der BGH hat den Schuldspruch daher in eine Verurteilung wegen lediglich eines Falls mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in Tateinheit mit Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht geändert. Die Gesamtfreiheitsstrafe hielt er in gleicher Höhe als Einzelstrafe aufrecht.