Freund aus Habgier erschossen und zerstückelt: Kein Hinweis auf Schwere der Schuld nötig

Ein Mann hatte einen Freund aus Habgier erschossen sowie anschließend zerstückelt, um dessen Gold zu stehlen, und war zu lebenslänglich mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld verurteilt worden. Er fand, dass man ihn vorher auf die Möglichkeit dieser Feststellung hätte hinweisen müssen. Der BGH sah dafür keinen Grund.

Ein Mann war knapp bei Kasse und hatte erfahren, dass ein Freund zuhause 18.000 Euro Bargeld sowie Gold im Wert von 5.000 Euro versteckt hatte. Um an die Wertgegenstände zu kommen, kam ihm eine perfide Idee: Er holte sein späteres Opfer vom Flughafen ab und fuhr ihn zu dessen Wohnung. Beim gemeinsamen Frühstück hielt er dem Arglosen plötzlich eine Schusswaffe vor. Dieser gab aus Angst das Versteck der Wertsachen preis und versuchte dann zu fliehen. Von zwei abgefeuerten Schüssen traf einer das Opfer tödlich im Nacken. Anschließend zerstückelte der Mann mit Hilfe weiterer Personen die Leiche noch am Tatort. Er verpackte die Leichenteile in mehrere Plastiktüten und transportierte sie in einen Wald, wo sie vergraben wurden.

Nachdem im Zusammenhang mit dem Verschwinden des Toten nach der unbekannten Person gefahndet wurde, die das Opfer vom Flughafen abgeholt hatte, setzte er die Wohnung zur Spurenbeseitigung in Brand. Zu diesem Punkt gab ihm das LG während der Hauptverhandlung einen rechtlichen Hinweis. Das Gericht verurteilte ihn dann wegen Mordes aus Habgier nach § 211 Abs. 2 Variante 3 StGB und Brandstiftung nach § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe. Zudem stellte es die besondere Schwere der Schuld nach § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB fest. Auf die Möglichkeit der Feststellung der Schuldschwere war er nicht hingewiesen worden. Er vertrat die Ansicht, dass das LG dazu aber aufgrund der Neufassung des § 265 Abs. 2 Nr. 3 StPO (richterliche Hinweispflicht bei geänderter Sachlage) verpflichtet gewesen wäre. Seine Revision blieb ohne Erfolg.

Feststellung war nicht überraschend

Der 3. Strafsenat des BGH hielt die Verfahrensrüge nach § 349 Abs. 2 StPO für unbegründet (Beschluss vom 11.09.2024 – 3 StR 109/24). Die Karlsruher Richterinnen und Richter prüften die Frage dabei ausführlich und lehrbuchmäßig: Er sei wegen Mordes angeklagt gewesen und auch wegen Mordes verurteilt worden. Damit sei kein Hinweis nach § 265 Abs. 1 StPO (“auf Grund eines anderen ... Strafgesetzes”) notwendig gewesen. Gleiches gelte für den Hinweis auf eine Strafschärfung wegen "vom Gesetz besonders vorgesehenen Umständen" nach § 265 Abs. 2 Nr. 1 Var. 1 StPO. Diese Norm beziehe sich auf die Verwirklichung von Regelbeispielen oder von Qualifikationen. Mit der Feststellung der Schuldschwere werde aber lediglich die Entscheidung des Vollstreckungsgerichts über die spätere Aussetzung der Strafe vorbereitet.

Im Vergleich zur Anklage habe sich die Sachlage nach § 265 Abs. 2 Nr. 3 StPO auch nicht geändert: Die Staatsanwaltschaft habe ihm sogar die Erfüllung zweier Mordmerkmale vorgeworfen. Bereits hierdurch sei für den verteidigten Angeklagten erkennbar gewesen, dass eine Verurteilung wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe konkret drohte und das Gericht daher auch eine Entscheidung über die besondere Schwere der Schuld zu treffen hatte. 

Vor diesem Hintergrund erfordere auch der Grundsatz des fairen Verfahrens aus Art. 6 EMRK keinen Hinweis. Man könne zudem nicht davon ausgehen, dass der Gesetzgeber bei der Reform des Paragraphen eine planwidrige Regelungslücke übersehen hätte, die durch eine Analogie gefüllt werden müsse.

BGH, Beschluss vom 11.09.2024 - 3 StR 109/24

Redaktion beck-aktuell, ns, 22. November 2024.