Zwei Serben standen wegen mehrfachen Betäubungsmittelhandels vor dem Kadi. Wegen fehlender Deutschkenntnisse benötigten beide einen Dolmetscher. Einer der Dolmetscher war in drei von vier Hauptverhandlungsterminen im Einsatz und übersetzte in einer Sitzung sogar für beide Angeklagten. Am ersten Einsatztag berief er sich auf seinen Eid nach § 189 Abs. 2 GVG, wonach er nach den landesrechtlichen Vorschriften allgemein beeidigt sei.
Die Angeklagten rügten nach ihrer Verurteilung, dass der Dolmetscher diesen allgemeinen Eid überhaupt nicht abgelegt hätte. Daraufhin behauptete der Übersetzer in der Revisionsverhandlung, er sei individuell bei jedem Einsatz vereidigt worden. Das aber konnte leicht widerlegt werden: Im Protokoll fand sich nur die Bezugnahme auf den allgemeinen Eid am ersten Einsatztag und der Vorsitzende der Strafkammer schloss die individuelle Vereidigung "definitiv" aus. Die Verurteilung zu mehrjährigen Freiheitsstrafen hatte vor dem BGH keinen Bestand.
Die Bundesrichterinnen und -richter bemängelten den Einsatz eines unvereidigten Dolmetschers als Verstoß gegen § 189 GVG und hoben das Urteil auf (Beschluss vom 09.09.2024 – 2 StR 431/23). Das LG Marburg muss die Hauptverhandlung wiederholen. Die Vereidigung des Dolmetschers nach § 189 GVG ist zwingend, stellte der BGH klar. Man könne angesichts ihrer Bedeutung im Strafverfahren auf sie auch nicht verzichten.
Das Urteil beider Angeklagten beruhe auch auf diesem Fehler: Einem individuell vereidigten Dolmetscher würde durch diesen Akt klar, wie wichtig eine sorgfältige Übersetzung für die Wahrheitsfindung sei. Auch wer sich auf den allgemeinen Eid berufe, mache sich die Bedeutung seiner Arbeit noch einmal deutlich. Der BGH schließt deshalb nicht aus, dass die Übersetzung weniger sorgfältig gewesen ist als mit Eid. Hier spreche die spätere falsche Behauptung des Dolmetschers, er sei individuell vereidigt worden, jedenfalls dafür, dass er nicht zuverlässig sei. Allein dies spreche gegen die Annahme eines Ausnahmetatbestands – etwa die versehentliche Berufung auf einen bereits abgelaufenen Eid.