BFH fragt EuGH zu Vorsteuerabzug für Büro: Erfordernis fristgebundener Abgabe unternehmensbezogener Zuordnung mit EU-Recht vereinbar?

Der Bundesfinanzhof hat Zweifel, ob das Unionsrecht einer nationalen Rechtsprechung entgegensteht, nach der im Fall eines sogenannten Zuordnungswahlrechtes beim Leistungsbezug der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, wenn bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuer-Jahreserklärung die Zuordnungsentscheidung gegenüber dem Finanzamt nicht getroffen wurde. Er hat mit Beschluss vom 18.09.2019 (Az.: XI R 3/19) den Gerichtshof der Europäischen Union um Klärung gebeten.

Finanzamt versagt Vorsteuerabzug: Zimmer zu spät Unternehmensvermögen zugeordnet

Der Kläger, der einen Gerüstbaubetrieb unterhält, errichtete ein Einfamilienhaus mit einer Gesamtnutzfläche von circa 150 Quadratmetern, wovon auf ein Zimmer ("Arbeiten") circa 17 Quadratmeter entfielen (Fertigstellung 2015). Erst in der am 28.09.2016 beim Finanzamt eingegangenen Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2015 – nicht aber in den zuvor eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldungen – machte der Kläger für die Errichtung des Arbeitszimmers anteilig Vorsteuern geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug wegen der nicht rechtzeitig (bis zum 31. Mai des Folgejahres als gesetzlicher Abgabetermin der Steuererklärung) erfolgten Zuordnung des Zimmers zum Unternehmensvermögen.

Darf Mitgliedstaat Ausschlussfrist für Zuordnung zu Unternehmensvermögen vorsehen?

Der BFH vertritt im Vorlagebeschluss die Auffassung, dass nach den von ihm zur Zuordnungsentscheidung entwickelten Kriterien die Revision des Klägers gegen das klageabweisende Urteil unbegründet wäre. Zweifelhaft sei jedoch, ob ein Mitgliedstaat eine Ausschlussfrist für die Zuordnung zum Unternehmensvermögen vorsehen dürfe. Zwar gehe das Unionsrecht in Art. 168a Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ausdrücklich von einer "Zuordnung" von Gegenständen aus. Es enthalte jedoch keine näheren Regelungen hierzu.

EuGH soll auch zu Rechtsfolgen verspäteter Zuordnungsentscheidung Stellung nehmen

Mit dem Vorabentscheidungsersuchen soll auch geklärt werden, welche Rechtsfolgen eine nicht (rechtzeitig) getroffene Zuordnungsentscheidung hat. Sollte der EuGH die bisherige (nationale) Handhabung als zu restriktiv ansehen, würde das die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs bei unternehmerischer Tätigkeit und sogenannter gemischter Nutzung erleichtern.

BFH soll zudem Fragen zu Erwerb einer Photovoltaikanlage durch Privatmann klären

In einem weiteren Verfahren, das den Erwerb einer Photovoltaikanlage durch einen Privatmann betrifft, hat der BFH mit Beschluss vom selben Tage (Az.: XI R 7/19) ebenfalls den EuGH angerufen.

BFH, Beschluss vom 18.09.2019 - XI R 3/19

Redaktion beck-aktuell, 30. Januar 2020.