Ein Rentner ließ sich nach langer Ehe scheiden und wollte keinen Versorgungsausgleich mit seiner Frau durchführen. Erst vor dem OLG schloss er einen Vergleich auf nachehelichen Unterhalt von 2.700 Euro monatlich auf Lebenszeit seiner Frau, während sie auf den Versorgungsausgleich verzichtete. 2021 zahlte der Mann seiner Frau aufgrund des Vergleichs rund 48.000 Euro und wollte diesen Betrag in seiner Einkommenssteuererklärung als Ausgleichszahlung im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 10 Abs. 1a Nr. 4 EStG zur Minderung des zu versteuernden Einkommens geltend machen.
Nachdem das Finanzamt das abgelehnt hatte, Einspruch und Klage erfolglos waren, erhob der Mann Nichtzulassungsbeschwerde zum BFH und beantragte Fristverlängerung für die Begründung. Dabei erklärte ihm sein Anwalt direkt, dass er ihn vor dem BFH nicht weiter vertreten könne. Der Mann kontaktierte fünf Kanzleien, die das Mandat alle wegen der familien- und steuerrechtlichen Komplexität ablehnten. Erst einen Tag vor Ablauf der Frist gelang es ihm, einen Anwalt zu mandatieren. Dieser beantragte eine weitere Fristverlängerung, um sich ordentlich einzuarbeiten und reichte einen Monat später seine Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde mitsamt einem Wiedereinsetzungsantrag ein. Der BFH gab der Wiedereinsetzung statt (Beschluss vom 09.07.2025 – X B 111/24).
Kein Verschulden bei umfassenden Bemühungen um neue Vertretung
Der BFH gab dem Wiedereinsetzungsantrag des Steuerpflichtigen nach § 56 FGO statt, weil er die Rechtsmittelbegründungsfrist ohne Verschulden versäumt hatte: Der Mann habe erst unmittelbar vor Ablauf der Begründungsfrist einen Prozessbevollmächtigten gefunden und es sei diesem wegen der Komplexität des Streitstoffs nicht möglich gewesen, innerhalb eines Tages bis zum Fristablauf eine Beschwerdebegründung einzureichen.
Der Steuerpflichtige hatte den Münchener Richterinnen und Richtern zufolge auch ausführlich dargelegt, dass er sich unverzüglich nach Zustellung des finanzgerichtlichen Urteils und der Ankündigung der Niederlegung des Mandats durch seinen vorherigen Anwalts auf die Suche nach einer neuen Vertretung gemacht hatte. Die fünf angefragten Kanzleien hätten auch nicht abgelehnt, weil er keinen Vorschuss hätte zahlen wollen, sondern weil die Vertretung fundierte Kenntnisse im Familienrecht und im Einkommensteuerecht erfordert habe. Daher komme es auf die Dauer der Kenntnis um die fehlende Vertretung – rund zwei Monate – nicht an.
Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Notanwalts nach § 78b ZPO waren dem BFH zufolge nicht gegeben, weil der Mann am letzten Tag eben doch einen Prozessbevollmächtigten gefunden hatte. Das Hindernis der fehlenden Vertretung wurde damit buchstäblich am allerletzten Tag beseitigt und die Bestellung eines Notanwalts habe nicht mehr erfolgen dürfen.
In der Sache unterlag der Mann allerdings: Der BFH sah keinerlei Grund zur Zulassung der Revision. Daher gilt die Entscheidung des FG und es standen ihm nur rund 10.000 Euro als außergewöhnliche Belastungen (Unterhaltszahlungen nach § 33a Abs. 1 EStG) als Abzug zu.