Durchsuchung vom Steuerfahnder hemmt nicht die Verjährung

Eine Durchsuchung unterbricht die Verfolgungsverjährung nur, wenn sie von einer Behörde oder einem Gericht angeordnet wurde, so der BFH. Selbst ein gerichtlicher Durchsuchungsbeschluss helfe nicht immer weiter, wenn er nicht mehr überprüft werden kann.

2002 reichte eine Frau ihre Einkommensteuererklärung für das vorherige Kalenderjahr ein. Das Einkommen zog sie aus ihrem damaligen gewerblichen Einzelunternehmen. Das Finanzamt erließ im März 2003 den Steuerbescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung.

Vier Jahre später, im Mai 2006, durchsuchte die Steuerfahndung die Geschäftsräume und beschlagnahmte Unterlagen aus dem Jahr 2001, die aus Sicht der Finanzermittler den Verdacht begründeten, dass die Inhaberin des Gewerbes Betriebsausgaben geltend gemacht hatte, die nicht angefallen waren. Diese strafprozessualen Maßnahmen beruhten nicht auf einem Gerichtsbeschluss, sondern „wegen Gefahr im Verzug“ nur auf der Anordnung des Steuerfahnders als Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft. Später, im Oktober 2006 soll – so ein Vermerk in der Steuerakte – ein gerichtlicher Durchsuchungsbeschluss erlassen worden sein.

Das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung wurde mangels Vorsatzes nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die klagende Steuerschuldnerin musste lediglich ein Bußgeld wegen leichtfertiger Steuerverkürzung zahlen, die Akte wurde anschließend vernichtet. 2010 erließ die Finanzbehörde einen erneuten Steuerbescheid für das Jahr 2001, der eine saftige Nachzahlung enthielt. Die Klägerin macht die Verfolgungsverjährung geltend. Beim Finanzgericht Münster hatte sie keinen Erfolg – wohl aber in der Revision beim BFH.

Unterbrechungshandlung nur vom Gericht oder von der Verfolgungsbehörde

Streitig sei allein, so der BFH mit seinem nun veröffentlichten Urteil (vom 31.01.2024 – X R 7/22), ob die Durchsuchung in Jahr 2006 oder der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts die Verfolgungsverjährung unterbrochen hätten. An sich wäre der Festsetzungsbescheid nach fünf Jahren verjährt. Die Festsetzungsverjährung verlängert sich aber, wenn die Verfolgungsverjährungsfrist der Ordnungswidrigkeit noch nicht abgelaufen ist.

Der BFH stellt fest, dass eine Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung eines Steuerbeamten nicht geeignet ist, die Verjährung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 OWiG zu unterbrechen. Nach dem Wortlaut der Norm könnten nur eine Behörde oder eine Richterin oder ein Richter eine Durchsuchungsanordnung treffen, die als Unterbrechungshandlung einzuordnen ist. Anders als für Polizisten in § 53 Abs. 2 OWiG fehlt es dem BFH zufolge an einer Norm, die auch Steuerbeamte zu Hilfsbeamten der Steuerbehörde erklärt. Der Fahnder sei daher nicht als Behörde einzustufen.

Gesetzliche Tatbestandswirkung nur bei Rechtskraft der Entscheidung

Auch der Vermerk in der Akte, wonach das Amtsgericht einen Durchsuchungsbeschluss erlassen habe, half dem Finanzamt nicht: Eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 7 AO ist laut dem BFH ebenfalls nicht eingetreten. Der X. Senat stützt sich dabei auf das BVerfG, das angesichts der Grundrechtsrelevanz von Durchsuchungsbeschlüssen hohe Mindestanforderungen an eine solche Anordnung stellt. Das FG hätte deshalb auch Feststellungen dazu treffen müssen, ob der Beschluss des AG rechtmäßig war. Da der Beschluss aber nicht mehr auffindbar ist, könne niemand sagen, ob er den Anforderungen des BVerfG gerecht werde.

Der BFH ließ sich auch nicht davon überzeugen, dass der Durchsuchungsbeschluss schon wegen der grundsätzlichen Tatbestandswirkung der Entscheidungen anderer Gerichte schon über jeden Zweifel erhaben sei. Das gelte nur, wenn der Beschluss nicht angefochten worden oder ein Rechtsmittel der Klägerin dagegen zurückgewiesen worden wäre. Hier aber war den Münchener Richterinnen und Richtern zufolge noch nicht einmal klar, ob der Beschluss der Klägerin überhaupt bekannt und ob er vollzogen worden sei.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 31.01.2024 - X R 7/22

Redaktion beck-aktuell, rw, 18. Juli 2024.