Anwälte können ein Lied darauf singen: Man beantragt, den Gerichtstermin zu verlegen, weil man verhindert ist, und das Gericht lehnt den Antrag einfach ab. So ging es auch einer Frau vor dem Hessischen Finanzgericht. Sie lehnte daraufhin die Vorsitzende Richterin ab, weil sie befürchtete, diese sei befangen. Immerhin hätten erhebliche Gründe für die Verlegung vorgelegen und sie habe sich noch nicht einmal von einem Anwalt vertreten lassen können.
Während der mündlichen Verhandlung ging der Antrag per beA auf dem gerichtlichen Server ein, nur zwölf Minuten später verkündete die Richterin die Klageabweisung. Die Nichtzulassungsbeschwerde zum BFH (Beschluss vom 29.07.2025 – VIII B 66/24) war erfolgreich.
Die Besetzungsrüge nach den § 119 Nr. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO drang durch: Entscheidet ein Richter in der Sache, bevor über ein Ablehnungsgesuch gegen ihn entschieden worden ist, ist das Gericht falsch besetzt. Das gilt dem BFH zufolge zumindest, wenn der Befangenheitsantrag nicht offensichtlich unzulässig ist.
Die Richterin hätte nach § 51 FGO in Verbindung mit § 47 Abs. 1 ZPO den Antrag erst zur Entscheidung weiterleiten müssen, bevor das Verfahren in der Sache hätte fortgesetzt werden können. Dabei hielten die Münchner Richterinnen und Richter es für irrelevant, dass die Richterin nichts von dem Ablehnungsgesuch gewusst hatte. Ein Verschulden ihrerseits oder der Geschäftsstelle spiele keine Rolle. Maßgeblich ist nach Ansicht des VIII. Senats allein der objektive Sachverhalt.
Anders wäre es nur, wenn das Ablehnungsgesuch offensichtlich unzulässig oder rechtsmissbräuchlich gestellt worden wäre. Dafür gibt es laut BFH hier keine Anhaltspunkte: Ob die Vorsitzende die Terminverlegung zu Unrecht abgelehnt habe oder nicht, hätte ein Richter auf Grundlage des Akteninhalts entscheiden müssen.