BFH: Verluste durch Anlagebetrug mit nicht existierenden Blockheizkraftwerken abziehbar

Beteiligt sich ein Anleger an einem von ihm nicht erkannten Schneeballsystem (hier: mit nicht existierenden Blockheizkraftwerken), das aus seiner Sicht zu gewerblichen Einkünften führen soll, ist er berechtigt, den Verlust seines Kapitals steuerlich geltend zu machen. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 07.02.2018 in einem Musterverfahren für mehr als 1.400 geschädigte Anleger entschieden (Az.: X R 10/16, BeckRS 2018, 8045).

Betrügerisches Schneeballsystem mit nicht existierenden Blockheizkraftwerken

Im Streitfall hatte der Kläger mit mehreren Gesellschaften der X-Gruppe Verträge über den Erwerb von Blockheizkraftwerken abgeschlossen und die Kaufpreise gezahlt. Den späteren Betrieb der Blockheizkraftwerke hatte er vertraglich an die X-Gruppe übertragen. Die wirtschaftlichen Chancen und Risiken aus dem Betrieb sollten beim Kläger liegen. Tatsächlich hatten die Verantwortlichen der X-Gruppe jedoch niemals beabsichtigt, die Blockheizkraftwerke zu liefern. Sie hatten vielmehr ein betrügerisches Schneeballsystem aufgezogen und wurden hierfür später strafrechtlich verurteilt. Wenige Monate nachdem der Kläger die Kaufpreise gezahlt hatte, wurden die Gesellschaften der X-Gruppe insolvent. Die vom Kläger geleisteten Zahlungen waren verloren.

Finanzamt lehnte Verlustabzug ab

Das Finanzamt wollte die Verluste des Klägers einkommensteuerlich nicht berücksichtigen. Der Kläger sei als bloßer Kapitalgeber anzusehen und bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sei kein Abzug von Werbungskosten möglich.

BFH: Qualifikation der Einkunftsart hier subjektiv zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge zu beurteilen

Dem ist der BFH nicht gefolgt. Er hat vielmehr entschieden, dass die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Einkunftsart, der die verlorenen Aufwendungen zuzuordnen seien, nach der Sichtweise des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt des Abschlusses der maßgeblichen Verträge vorzunehmen sei. Die besseren objektiv-rückblickenden Erkenntnisse seien hingegen nicht maßgeblich. Aufgrund der Verträge über den Erwerb und den Betrieb der Blockheizkraftwerke habe der Kläger hier davon ausgehen dürfen, Gewerbetreibender zu sein. Gewerbetreibende dürften Verluste auch dann – als vorweggenommene Betriebsausgaben – abziehen, wenn letztlich niemals Einnahmen erzielt werden.

Investition könnte Steuerstundungsmodell darstellen – Verlustabzug wäre dann unzulässig

Der BFH weist darauf hin, dass sich die Entscheidung auf das "Verwaltungsvertragsmodell" der X-Gruppe beschränke. Über das von dieser Gruppe ebenfalls angebotene "Verpachtungsmodell" habe hier hingegen nicht entschieden werden müssen. Gleichwohl müsse sich das Finanzgericht Münster erneut mit dem Verfahren befassen. Denn es sei möglich, dass die beabsichtigte Investition als Steuerstundungsmodell (§ 15b EStG) anzusehen ist. In diesem Fall wäre ein Abzug der Verluste unzulässig, so der BFH. Ob es sich tatsächlich um ein Steuerstundungsmodell handele, werde in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden sein. Dazu werde das FG das Klageverfahren aussetzen müssen.

BFH, Urteil vom 07.02.2018 - X R 10/16

Redaktion beck-aktuell, 14. Mai 2018.

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