Laut Sendebericht ist die "ÜBERTR OK": Gericht muss Faxeingang näher prüfen

Ist ein Fax beim Gericht angekommen – oder nicht? In einem Streit über die fristgerechte Klageerhebung setzte sich der BFH mit den Tücken alter Technik und der Sorgfaltspflicht des Finanzgerichts auseinander. Das Ergebnis: Die Vorinstanz habe zu oberflächig ermittelt.

Der BFH hat einem Verfahren um eine möglicherweise fristgerecht per Fax eingegangene Klageschrift neues Leben eingehaucht: Er hob das Urteil des FG Sachsen-Anhalt wegen gravierender Aufklärungsmängel auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Sachverhaltsaufklärung zurück. Geklagt hatte eine Steuerzahlerin, die geltend machte, dass ihre 14-seitige Klageschrift am letzten Tag der Frist fristwahrend per Telefax beim FG eingegangen sei. Der Sendebericht wies die korrekte Empfängernummer, eine vollständige Seitenzahl, eine Übertragungsdauer von "00:00:00" und den Status "ÜBERTR OK" aus.

Dennoch hielt das FG – ohne den technischen Vorgang gründlich zu untersuchen – fest, das Schreiben sei "erst" eine Woche später mit der Post – und damit verspätet – eingegangen. Erst nahezu drei Jahre nach dem mutmaßlichen Faxeingang mit dem OK-Vermerk bemühte es sich beim Systemadministrator um eine technische Rückverfolgung, der mitteilte, dass das Empfangsjournal nicht mehr gespeichert sei. Der Bedeutung des OK-Vermerks sowie der angezeigten Übertragungsdauer von "00:00:00" ging es nicht nach. Das reichte laut BFH nicht.

Indizien für Faxeingang ignoriert – Aufklärungspflicht verletzt

Nach Auffassung der obersten Finanzrichterinnen und -richter (Beschluss vom 30.07.2025 – V B 63/23) hat die Vorinstanz ihrer Pflicht zur Amtsermittlung nach § 76 Abs. 1 S. 1 FGO nicht genüge getan, was das Urteil beeinflusst haben könnte. Zwar habe das FG festgestellt, dass die Klageschrift postalisch zu spät eingegangen sei. Dabei sei das Gericht allerdings auf die von der Klägerin vorgelegten Sendeberichte nicht ausreichend eingegangen, monierte der BFH. Diese belegten zumindest das Zustandekommen einer Verbindung zwischen den Faxgeräten und stellten zumindest ein Indiz für den fristgerechten Faxzugang dar.

Der BFH machte zudem deutlich, dass das Risiko unaufgeklärter technischer Vorgänge im internen Gerichtsbereich nicht einseitig auf die Klägerin abgewälzt werden durfte – obwohl sie grundsätzlich die objektive Beweislast für die fristgerechte Klageerhebung trage. Deren Unaufklärbarkeit fiele allein in den Verantwortungsbereich des FG, das weitere Ermittlungen zur technischen Bedeutung des "OK-Vermerks" und der Übertragungsdauer "00:00:00" hätte durchführen müssen.

Laut BFH hätte das FG unter anderem eine technische Prüfung (z.B. über das Benutzerhandbuch oder per Sachverständigen) vornehmen oder dienstliche Erklärungen der zuständigen Justizmitarbeitenden einholen müssen. Dass dies unterblieb, sei ein entscheidender Verfahrensfehler. Die Beweisanzeichen für einen fristgerechten Eingang der Klage seien so erheblich gewesen, dass das FG sie nicht habe ignorieren dürfen. Die Rückverweisung eröffnet der Klägerin nun die Chance auf eine inhaltliche Befassung mit ihrer Klage – sofern das FG im zweiten Durchgang zu dem Ergebnis kommt, dass die Klageschrift tatsächlich rechtzeitig eingegangen ist.

BFH, Beschluss vom 30.07.2025 - V B 63/23

Redaktion beck-aktuell, ns, 21. August 2025.

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