Unterhaltszahlung als außergewöhnliche Belastung: Vermögen des Kindes entscheidend

Unterhalt, den Eltern an ihr volljähriges Kind zahlen, ist nur dann als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn das Kind nicht genug Vermögen hat, um sich selbst zu unterhalten. Die Grenze zieht der BFH bei 15.500 Euro (sogenanntes Schonvermögen) – die monatlichen Unterhaltsleistungen nicht einberechnet.

Ein volljähriger Student, für den kein Kindergeldanspruch mehr bestand, erhielt Unterhaltsleistungen von seinen Eltern. Diese machten die Zahlungen im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. September 2019 als außergewöhnliche Belastungen bei der Einkommensteuer geltend. Das Bankkonto des Sohnes wies Anfang 2019 ein Guthaben von 15.950 Euro aus – darin enthalten eine Ende Dezember erfolgte Unterhaltsvorauszahlung von 500 Euro für den Monat Januar.

Das Finanzamt lehnte den Abzug der Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastungen ab. Der Sohn verfüge über ausreichend eigenes Vermögen. Davon sei nach den Einkommensteuerrichtlinien und der ständigen Rechtsprechung des BFH auszugehen, wenn es die Grenze von 15.500 Euro überschreite. Das FG sah dies ebenso und wies die Klage ab.

Anders der BFH: Er hob die Vorentscheidung auf und gab der Klage im Wesentlichen statt (Urteil vom 29.02.2024 – VI R 21/21). Zwar sei die seit 1975 unverändert gebliebene Höhe des Schonvermögen von 15.500 Euro trotz der seither eingetretenen Geldentwertung nicht anzupassen. Das Schonvermögen in dieser Höhe liege auch im Streitjahr 2019 noch deutlich oberhalb des steuerlichen Grundfreibetrags von 9.168 Euro und unterschreite auch nicht das Vermögen, welches das Zivil- und Sozialrecht dem Bedürftigen als "Notgroschen" zugestehen.

Der BFH folgte dem FG aber nicht bei der Vermögensberechnung. Die monatlichen Unterhaltsleistungen der Eltern seien nicht sofort in die Vermögensberechnung einzubeziehen. Angesparte und noch nicht verbrauchte Unterhaltsleistungen würden grundsätzlich erst nach Ablauf des Kalenderjahres ihres Zuflusses zu (abzugsschädlichem) Vermögen. Die vorschüssige Unterhaltszahlung für Januar 2019, die nach § 11 EStG erst in 2019 als bezogen gelte, sei daher beim Vermögen zum 1. Januar 2019 nicht zu berücksichtigen. Zu diesem Zeitpunkt sei von einem (unschädlichen) Vermögen des Sohnes in Höhe von 15.450 Euro auszugehen, das im streitigen Zeitraum auch nicht über 15.500 Euro angewachsen sei.

BFH, Urteil vom 29.02.2024 - VI R 21/21

Redaktion beck-aktuell, bw, 20. Juni 2024.