Um­satz­steu­er­ermä­ßi­gung beim Hilfs­mit­tel­ver­kauf für Blin­de nur bei für­sor­ge­ori­en­tier­ter Hil­fe­stel­lung
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Der Wa­ren­ver­kauf einer ge­mein­nüt­zi­gen Blin­den­selbst­hil­fe­or­ga­ni­sa­ti­on, die Hilfs­mit­tel für blin­de und seh­be­hin­der­te Men­schen ver­treibt, un­ter­liegt laut Bun­des­fi­nanz­hof nur dann dem er­mä­ßig­ten Um­satz­steu­er­satz, wenn neben der Pro­dukt­be­ra­tung für­sor­ge­ori­en­tier­te Hil­fe­stel­lun­gen ge­ge­ben wer­den oder der Ver­kauf im Zu­sam­men­hang mit einem un­ent­gelt­li­chen Kurs­an­ge­bot zur För­de­rung der ge­mein­nüt­zi­gen Tä­tig­keit steht.

FG be­stä­tigt er­mä­ßig­ten Steu­er­satz für ge­mein­nüt­zi­ge Tä­tig­keit

Die Klä­ge­rin, die Waren für blin­de und seh­be­hin­der­te Men­schen ver­kauft, hatte sich mit einer Kon­kur­ren­ten­kla­ge gegen die An­wen­dung des nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a Satz 1 UStG er­mä­ßig­ten Um­satz­steu­er­sat­zes auf die durch eine Blin­den­selbst­hil­fe­or­ga­ni­sa­ti­on er­brach­ten Leis­tun­gen ge­wen­det. Die Or­ga­ni­sa­ti­on ver­tritt als ein­ge­tra­ge­ner ge­mein­nüt­zi­ger Ver­ein die In­ter­es­sen von blin­den und stark seh­be­hin­der­ten Men­schen und ver­kauft auch Hilfs­mit­tel für blin­de und seh­be­hin­der­te Men­schen über ein La­den­ge­schäft, auf Mes­sen und über das In­ter­net. Das FG wies die Klage ab. Die Um­sät­ze des Ver­eins seien be­güns­tigt, da die­ser als ge­mein­nüt­zi­ger Zweck­be­trieb Ein­rich­tun­gen zur Durch­füh­rung der Für­sor­ge für blin­de Men­schen un­ter­hal­te. Die Klä­ge­rin legte Re­vi­si­on ein - mit Er­folg.

BFH: An­for­de­run­gen an be­güns­tig­ten Zweck­be­trieb ver­kannt

Laut BFH hat das FG die An­for­de­run­gen an einen be­güns­tig­ten Zweck­be­trieb ver­kannt und des­halb die Leis­tun­gen des Ver­eins zu Un­recht als nach § 68 AO um­satz­steu­er­be­güns­tigt be­ur­teilt. Der bloße Ver­kauf von Blin­den­hilfs­mit­teln sei nicht be­güns­tigt, wenn er le­dig­lich mit einer all­ge­mein im Fach­han­del üb­li­chen, pro­dukt- und an­wen­dungs­be­zo­ge­nen Be­ra­tung ein­her­ge­he. Eine Blin­den­für­sor­ge im Sinne von § 68 Nr. 4 AO könne da­ge­gen vor­lie­gen, wenn neu er­blin­de­ten Per­so­nen neben einer rei­nen Pro­dukt­be­ra­tung wei­te­re – für­sor­ge­ori­en­tier­te – Hil­fe­stel­lun­gen ge­ge­ben wür­den oder wenn Ver­kaufs­tä­tig­kei­ten im Zu­sam­men­hang mit einem un­ent­gelt­li­chen Kurs­an­ge­bot zur För­de­rung der ge­mein­nüt­zi­gen Tä­tig­keit stün­den. Ob das der Fall ist, müsse das Fi­nanz­ge­richt nun im zwei­ten Rechts­gang klä­ren.

BFH, Urteil vom 17.11.2022 - V R 12/20

Redaktion beck-aktuell, 2. Februar 2023.