Umsatzsteuerermäßigung beim Hilfsmittelverkauf für Blinde nur bei fürsorgeorientierter Hilfestellung
Lorem Ipsum
© Andrey Popov / stock.adobe.com

Der Warenverkauf einer gemeinnützigen Blindenselbsthilfeorganisation, die Hilfsmittel für blinde und sehbehinderte Menschen vertreibt, unterliegt laut Bundesfinanzhof nur dann dem ermäßigten Umsatzsteuersatz, wenn neben der Produktberatung fürsorgeorientierte Hilfestellungen gegeben werden oder der Verkauf im Zusammenhang mit einem unentgeltlichen Kursangebot zur Förderung der gemeinnützigen Tätigkeit steht.

FG bestätigt ermäßigten Steuersatz für gemeinnützige Tätigkeit

Die Klägerin, die Waren für blinde und sehbehinderte Menschen verkauft, hatte sich mit einer Konkurrentenklage gegen die Anwendung des nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a Satz 1 UStG ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf die durch eine Blindenselbsthilfeorganisation erbrachten Leistungen gewendet. Die Organisation vertritt als eingetragener gemeinnütziger Verein die Interessen von blinden und stark sehbehinderten Menschen und verkauft auch Hilfsmittel für blinde und sehbehinderte Menschen über ein Ladengeschäft, auf Messen und über das Internet. Das FG wies die Klage ab. Die Umsätze des Vereins seien begünstigt, da dieser als gemeinnütziger Zweckbetrieb Einrichtungen zur Durchführung der Fürsorge für blinde Menschen unterhalte. Die Klägerin legte Revision ein - mit Erfolg.

BFH: Anforderungen an begünstigten Zweckbetrieb verkannt

Laut BFH hat das FG die Anforderungen an einen begünstigten Zweckbetrieb verkannt und deshalb die Leistungen des Vereins zu Unrecht als nach § 68 AO umsatzsteuerbegünstigt beurteilt. Der bloße Verkauf von Blindenhilfsmitteln sei nicht begünstigt, wenn er lediglich mit einer allgemein im Fachhandel üblichen, produkt- und anwendungsbezogenen Beratung einhergehe. Eine Blindenfürsorge im Sinne von § 68 Nr. 4 AO könne dagegen vorliegen, wenn neu erblindeten Personen neben einer reinen Produktberatung weitere – fürsorgeorientierte – Hilfestellungen gegeben würden oder wenn Verkaufstätigkeiten im Zusammenhang mit einem unentgeltlichen Kursangebot zur Förderung der gemeinnützigen Tätigkeit stünden. Ob das der Fall ist, müsse das Finanzgericht nun im zweiten Rechtsgang klären.

BFH, Urteil vom 17.11.2022 - V R 12/20

Redaktion beck-aktuell, 2. Februar 2023.