Trennungsunterhalt durch Überlassen der Familienwohnung

Wird die gemeinsame Eigentumswohnung nach der Trennung einem Partner unentgeltlich überlassen, kann diese Unterhaltsleistung als Sonderausgabe nach § 10 EStG berücksichtigt werden. Der Bundesfinanzhof hat anhand einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung entschieden, dass genau differenziert werden muss, ob bei der Zahlung von Unterhalt unter Anrechnung eines Wohnvorteils ein entgeltliches oder unentgeltliches Verhältnis vorliegt.

Nach der Trennung mit den Kindern in der eigenen Wohnung geblieben

Ein Paar mit zwei Kindern und einer eigenen Wohnung hatte sich 2015 getrennt. Sie hatten vereinbarten, dass die Frau mit den beiden Sprösslingen vorerst noch in der gemeinsamen über 200 qm großen Familienwohnung bleibt. Die Eheleute schlossen eine notarielle Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung, wonach der Mann seiner Frau bis zur rechtskräftigen Scheidung Trennungsunterhalt in Höhe von 600 Euro monatlich zahlte. Dabei veranschlagten sie einen Wohnvorteil von 400 Euro, der mit dem Trennungsunterhalt verrechnet wurde, so dass 200 Euro als Vorsorge- und Elementarunterhalt geleistet wurden. Der Mann machte in seiner Einkommensteuererklärung 2015 Unterhaltsleistungen geltend, seine Frau stimmte in der Anlage U zu. Der daraufhin ergangene Steuerbescheid wurde bestandskräftig. 2018 beantragte der Mann die Änderung der Einkommensteuerfestsetzung und machte erhöhte Unterhaltsleistungen von jetzt 12.066 Euro geltend. Er begründete sein Anliegen damit, dass der tatsächliche Mietwert seines Miteigentumsanteils mit monatlichen 818,07 Euro anzusetzen sei. Seine Frau habe 2018 dem entsprechenden Realsplitting zugestimmt. Weder das Finanzamt noch das niedersächsische Finanzgericht gab seinem Anliegen statt. Erst der Bundesfinanzhof hatte ein Einsehen.

Sonderausgaben nur für unentgeltliche Wohnraumnutzung

Die Sonderausgaben für die Überlassung der Wohnung an den ehemaligen Partner nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 Satz 1 EStG sind mit Zustimmung des anderen bis zu 13.805 Euro pro Jahr abziehbar, wenn sie unentgeltlich erfolgen, so der BFH. Entgegen der Ansicht des Finanzgerichts liege hier kein entgeltliches "mietvertragsähnliches" Verhältnis zwischen den Parteien der notariellen Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung vor: Schon nach dem Wortlaut werde "Trennungsunterhalt", der mit einem "Wohnvorteil" verrechnet werde, gezahlt. Hierin erblicken die Münchener Richter keine entgeltliche Nutzung der Wohnung. Anhaltspunkte für ein entgeltliches Verhältnis wären Begriffe wie "Mietvertrag" oder "Entgelt". Außerdem widerspreche gerade die Anwendung der Anlage U, die ja Naturalunterhaltsleistungen zum Gegenstand habe, dieser Auslegung. Bei einer Mietzahlung wäre die Wohnungsnutzung aus dem Realsplitting herausgefallen. Auch die Verrechnung des Trennungsunterhalts mit dem Wohnvorteil ändere daran nichts. Im Ergebnis sei der Wohnvorteil nach dem ortsüblichen Mietzins anzusetzen, auch wenn unterhaltsrechtlich ein geringer Wert angesetzt worden sei. Die Höhe der ortsüblichen Miete müsse das FG jetzt klären.

Bestandskraft durch neues Ereignis durchbrochen

Ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid könne nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert werden, wenn ein Ereignis eintrete, dass steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Ein solches rückwirkendes Ereignis erkennt der BFH in dem Antrag des Mannes auf einen Sonderausgabenabzug und der Zustimmung seiner Ehegattin. 

Redaktion beck-aktuell, 9. Dezember 2022.