Steuerprüfung: Finanzamt darf Kontoauszüge eines Anwalts auswerten

Die Abgabenordnung erlaubt die Auswertung personenbezogener Daten. Die Revision eines Anwalts, der die Auswertung seiner Kontoauszüge verhindern wollte, blieb nach einer am Donnerstag veröffentlichen Entscheidung beim BFH erfolglos. § 29b AO genüge den Vorgaben der DS-GVO.

Die Aufforderung des Finanzamts, ihm im Rahmen einer Außenprüfung die Auszüge seines Geschäftskontos zu schicken, hatte ein Anwalt ignoriert. Er rührte sich aber, nachdem er erfahren hatte, dass seine Bank die Unterlagen gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 und 3 in Verbindung mit § 93 Abs. 1 Satz 3 AO auf Anordnung der Steuerbehörden herausgegeben hatte. Seiner Auffassung nach hatte das Finanzamt kein Recht, seine persönlichen Daten weiter zu speichern oder auszuwerten. § 97 AO, der die Herausgabepflicht für Unterlagen ans Finanzamt regelt, oder auch § 29b AO (Befugnis der Finanzbehörden zur Verarbeitung personenbezogener Daten) stellten keine Rechtsgrundlage im Sinne von Art. 6 Abs. 3 DS-GVO dar. Der BFH sah dies anders.

§ 29b AO: Die Finanzämter dürfen alles verarbeiten

Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs betont, dass § 29b AO als "Kopfnorm" dieses Abschnitts der Abgabenordnung eine datenschutzrechtliche Ermächtigung für "sämtliche" Maßnahmen des Steuerverfahrens darstellt (Urteil vom 05.09.2023 – IX R 32/21). Den Begriff "sämtliche" hob das Gericht im Text dabei gesondert hervor.

Die Normen rechtfertigten eine Verarbeitung der Daten "zur Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung", wie es Art. 6 Abs. 3 DS-GVO normiert. § 97 AO müsse neben der Verpflichtung zur Herausgabe von Unterlagen die Verarbeitung personenbezogener Daten nicht gesondert erlauben. Umgekehrt müsse § 29b AO nicht aufzählen, welche Unterlagen das Finanzamt anfordern dürfe. Der Gesetzgeber hat, so der BFH, eine zulässige abstrakte Erlaubnisnorm geschaffen, die Art. 6 Abs. 3 DS-GVO genügt.

Es sei auch nicht erkennbar, dass die Regelungen gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG oder den Schutz der personenbezogenen Daten aus Art. 8 der EU-Grundrechtecharta verstießen. Die Eingriffe in den Schutzbereich von Steuerpflichtigen dienten einem legitimen Ziel, der Besteuerung, und seien verhältnismäßig. Dies gelte auch dann, wenn die Kontoauszüge – bei im Raum stehenden Zahlungen an einen politischen Verein – Rückschlüsse auf die politischen Überzeugungen des Anwalts ermöglichen würden. Auch die Verarbeitung dieser besonderen personenbezogenen Daten nach Art. 9 DS-GVO wäre hier gerechtfertigt. 

BFH, Urteil vom 05.09.2023 - IX R 32/21

Redaktion beck-aktuell, Michael Dollmann, 3. November 2023.