BFH ruft EuGH an: Umsatzsteuerpflicht für MDK-Gutachtertätigkeit mit EU-Recht vereinbar?

Der Bundesfinanzhof hat Zweifel, ob die nach nationalem Recht bestehende Umsatzsteuerpflicht für Gutachten, die eine Krankenschwester zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit im Auftrag des Medizinischen Diensts der Krankenversicherung (MDK) erbringt, mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Er hat deshalb den Europäischen Gerichtshof um Klärung  gebeten (Beschluss vom 10.04.2019, Az.: XI R 11/17).

Umsatzsteuer für MDK-Gutachtertätigkeit festgesetzt

Die Klägerin, eine Krankenschwester mit medizinischer Grundausbildung und akademischer Ausbildung im Bereich der Pflegewissenschaft sowie einer Weiterbildung in Pflege-Qualitätsmanagement, erstellte für den MDK Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten. Nach Auffassung des Finanzamts ist diese Tätigkeit weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht umsatzsteuerfrei.

Eng mit Sozialfürsorge verbundene Dienstleistungen nach EU-Recht steuerfrei

Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie 2006/112/EG sind eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen steuerfrei, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden.

BFH: Gutachtertätigkeit eng mit Sozialfürsorge verbunden?

Laut BFH soll der EuGH zunächst klären, ob die Gutachtertätigkeit ein eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundener Umsatz ist, auch wenn sie nicht gegenüber dem Hilfsbedürftigen, sondern an eine Person erbracht wird, die sie benötigt, um seine eigene Leistung an den Patienten oder Hilfsbedürftigen zu erbringen.

Subunternehmer für Einrichtung mit sozialem Charakter ausreichend?

Sei dies zu bejahen, werde weiter zu klären sein, welche Anforderungen an die unternehmerbezogene Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter zu stellen seien, die nach der Richtlinie für die Steuerfreiheit erforderlich sei. Diese könnte aus der Stellung als Subunternehmer, aus einer pauschalen Übernahme der Kosten durch Kranken- und Pflegekassen oder aus Vertragsbeziehungen abzuleiten sein, so der BFH

BFH, Beschluss vom 10.04.2019 - XI R 11/17

Redaktion beck-aktuell, 5. September 2019.