Insolventes Geschäftsmodell
Zuletzt wandte sich der Insolvenzverwalter eines Bezahlkartendienstleisters gegen eine nachträgliche Festsetzung von Umsatzsteuer. Das Geschäftsmodell des Unternehmens war so aufgebaut, dass Besucher von Fußballspielen elektronische Karten mit einem Guthaben aufladen konnten, um in den Stadien Würstchen, Getränke oder Fanartikel zu kaufen. Der Anbieter übernahm die Abwicklung der Zahlungen und erhielt dafür Provisionen von den Verkäufern. Die Fans mussten ein Pfand von zwei Euro hinterlegen, das bei Rückgabe der Chipkarte erstattet wurde. Aus Sicht der Firma fiel hierfür keine Umsatzsteuer an – schließlich handele es sich um pauschalierten Schadensersatz. Ein Außenprüfer sah das anders, und das Finanzamt forderte eine Nachzahlung. Auch aus Sicht des FG Hamburg lag eine steuerpflichtige Leistung vor. Der Anbieter legte noch Revision beim BFH ein (XI R 12/17) – dann zersprang der Traum von der bargeldlosen Arena durch die Insolvenz. Das Verfahren wurde gelöscht. Erst 2019 nahm der Insolvenzverwalter den Streit auf und war unter neuem Aktenzeichen erfolgreich.
Einheitliche Leistung
Allerdings lag auch aus Sicht der Münchener Richter kein pauschalierter Schadensersatz, sondern eine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung vor. So wiesen sie darauf hin, dass hier lediglich ein Rückgaberecht bestand, aber niemand zur Rückgabe verpflichtet war. Daran ändere sich nichts dadurch, dass die Fans kein Eigentum erwarben, da sie zum Besitz berechtigt geblieben seien. Abweichend vom Finanzgericht nahm der XI. Senat aber die Abläufe in ihrer Gesamtheit in den Blick. Er kam so zum Ergebnis, dass keine selbstständige Lieferung (§ 3 Abs. 1 UStG) vorlag, wie von der Vorinstanz angenommen, sondern eine einheitliche Leistung (§ 3 Abs. 9 Satz 1 UStG) erbracht worden war. Die Abwicklung der Zahlungen über den Dienstleister führe insoweit zur Umsatzsteuerfreiheit nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG, da es sich um Vorgänge im Zahlungs- und Überweisungsverkehr handele. Das Endergebnis stand damit allerdings nicht fest: Das FG muss sich nun mit dem Einwand der Finanzverwaltung beschäftigen, dass auch die Vorsteuerabzüge der Firma anteilig zu kürzen seien.