Ma­ni­pu­lier­ba­re Kasse ver­wen­det: Kommt Gas­tro­nom um Er­lösschät­zung herum?

Ein Gast­wirt hatte eine alte – ma­ni­pu­lier­ba­re – Kasse be­nutzt. Das Fi­nanz­amt nahm dies zum An­lass, seine Er­lö­se kom­plett zu schät­zen und kam auf vier Mal so hohe Ein­nah­men. Der BFH ver­langt vom FG eine ge­naue­re Prü­fung ei­ni­ger Ein­wen­dun­gen des Gas­tro­no­men, die Schät­zung könne un­ver­hält­nis­mä­ßig sein.

Der Re­stau­rant­be­trei­ber er­ziel­te die meis­ten sei­ner Ein­nah­men in Form von Bar­geld. Er hatte von 2011 bis 2014 eine elek­tro­ni­sche Re­gis­trier­kas­se sehr ein­fa­cher Bau­art ver­wen­det, die be­reits in den 1980er Jah­ren ent­wi­ckelt wor­den war. Das Fi­nanz­amt be­an­stan­de­te seine Auf­zeich­nun­gen und nahm eine Voll­schät­zung der Er­lö­se vor. Dies führ­te zu einer Ver­vier­fa­chung der er­klär­ten Um­sät­ze.

Ein vom FG be­auf­trag­ter Sach­ver­stän­di­ger führ­te aus, ein in­ter­ner Zäh­ler der Kasse, der die Lü­cken­lo­sig­keit der Ta­ges­aus­dru­cke si­cher­stel­len solle, könne durch Ein­ga­be ent­spre­chen­der Codes ver­än­dert wer­den. Eine sol­che Än­de­rung könne al­ler­dings auch bei Re­pa­ra­tu­ren der Kasse er­for­der­lich wer­den. Dar­auf­hin sah das FG die Kasse als ob­jek­tiv ma­ni­pu­lier­bar – und damit un­ge­eig­net für steu­er­li­che Zwe­cke – an und be­stä­tig­te die Voll­schät­zung des Fi­nanz­am­tes im We­sent­li­chen. Dass die Kasse tat­säch­lich ma­ni­pu­liert wor­den war, konn­te das FG nicht fest­stel­len.

Der BFH hält die Ent­schei­dung für falsch (Ur­teil vom 28.11.2023 – X R 3/22) und lässt das FG noch ein­mal in die Prü­fung ein­stei­gen. Eine Schät­zungs­be­fug­nis setz einen Man­gel in den Auf­zeich­nun­gen vor­aus. Der Ta­trich­ter darf sich laut BFH aber nicht mit der blo­ßen Be­nen­nung for­mel­ler oder ma­te­ri­el­ler Män­gel be­gnü­gen, son­dern muss diese auch nach dem Maß ihrer Be­deu­tung für den kon­kre­ten Ein­zel­fall ge­wich­ten. Eine Voll­schät­zung unter voll­stän­di­ger Ver­wer­fung der Ge­winn­ermitt­lung des Gas­tro­no­men sei daher nur zu­läs­sig, wenn die fest­ge­stell­ten Män­gel gra­vie­rend sind.

Die Kasse sei zwar ob­jek­tiv ma­ni­pu­lier­bar ge­we­sen – und damit in hohem Maße ob­jek­tiv man­gel­haft. Al­ler­dings sei das Wis­sen um die Ma­ni­pu­lier­bar­keit der­art alter Kas­sen­mo­del­le erst im Lauf der Zeit ge­wach­sen. Daher könne der Grund­satz der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit es ge­bie­ten, dem Gast­wirt hier Ver­trau­ens­schutz zu ge­wäh­ren. Das Ge­wicht des Man­gels, der durch die Ma­ni­pu­lier­bar­keit ent­stan­den ist, sei dann ge­rin­ger als im Re­gel­fall. Es könne sogar ganz ent­fal­len.

Seit 2020 dür­fen auf­grund einer Ge­set­zes­än­de­rung für steu­er­li­che Zwe­cke keine äl­te­ren Kas­sen­mo­del­le mehr ein­ge­setzt wer­den.

BFH, Urteil vom 28.11.2023 - X R 3/22

Redaktion beck-aktuell, bw, 11. April 2024.

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