Kosten für Pflicht-Auslandssemester als Werbungskosten abziehbar
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Studierende können Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen eines Pflicht-Auslandsemesters als vorab entstandene Werbungskosten geltend machen. Die inländische Hochschule, bei der der Studierende weiter eingeschrieben sei, bleibe erste Tätigkeitsstätte, entschied der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 14.05.2020. Dies gelte aber nur, wenn es sich nicht um eine Erstausbildung handele.

Studentin machte Werbungskostenabzug für Auslandssemester geltend

Die Klägerin nahm nach einer abgeschlossenen Ausbildung ein Studium an einer inländischen Hochschule auf. Die Studienordnung der Hochschule schreibt für den Studiengang vor, dass das Studium für zwei Semester an einer ausländischen Partneruniversität absolviert werden muss. Während des Auslandsstudiums bleibt die Studierende an der inländischen Hochschule eingeschrieben. Die Klägerin beantragte für die Zeit des Auslandsstudiums die Anerkennung der dadurch bedingten zusätzlichen Unterkunftskosten sowie der Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten.

FG verneinte Werbungskostenabzug wegen ausländischen Studienmittelpunkts

Das Finanzamt lehnte dies ab, da die Auslandsuniversität die erste Tätigkeitsstätte der Klägerin sei und daher die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung - vergleichbar einem Arbeitnehmer - nur im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten angesetzt werden könnten. Eine solche liege aber unstreitig nicht vor. Diese Ansicht wurde vom Finanzgericht geteilt.

BFH: Kosten als vorweggenommene Werbungskosten zu berücksichtigen

Der Bundesfinanzhof hat der Klage der Studentin nunmehr stattgegeben. Sehe die Studienordnung wie im Fall der Klägerin vor, dass Studierende einen Teil des Studiums an einer ausländischen Hochschule absolvieren müssen, bleibe die inländische Hochschule, jedenfalls soweit die Studierenden dieser auch für die Zeiten des Auslandsstudiums zugeordnet blieben, die erste Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG. Kosten für Unterkunft und Verpflegungsmehraufwand im Ausland seien deshalb als vorweggenommene Werbungskosten steuerlich zu berücksichtigen, auch wenn keine doppelte Haushaltsführung vorliege. Entsprechendes gelte bei Praxissemestern.

Werbungskostenabzug gilt nicht für Erstausbildung

Von dieser Rechtsprechung profitierten allerdings nur Studierende, die bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder einen Bachelorstudiengang) abgeschlossen haben. Aufwendungen für die erste Ausbildung (Berufsausbildung oder Studium) seien hingegen gemäß § 9 Abs. 6 EStG vom Werbungskostenabzug ausgenommen. Der Aufwand werde nur im Rahmen des Sonderausgabenabzugs berücksichtigt und wirke sich steuerlich nur aus, soweit im Jahr der Aufwandsentstehung steuerpflichtige Einkünfte vorlägen.

BFH, Urteil vom 14.05.2020 - VI R 3/18

Redaktion beck-aktuell, 3. Dezember 2020.