Keine Stromsteuerentlastung für Unternehmen in Schwierigkeiten
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Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 19.01.2022 erstmals entschieden, dass Unternehmen in Schwierigkeiten keine stromsteuerliche Entlastung gewährt werden darf. Dies gelte auch dann, wenn das Unternehmen in einen Konzern eingebunden sei und eine positive Fortführungsprognose gestellt werden könne, betonte das Revisionsgericht.

Klage eines Unternehmens auf Stromsteuerentlastung erfolglos

Im Streitfall wies die Klägerin in ihrer Bilanz einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag aus. Ihre Anträge auf Stromsteuerentlastung nach § 9b und § 10 StromStG lehnte das Hauptzollamt mit der Begründung ab, dass die Klägerin ein sogenanntes Unternehmen in Schwierigkeiten sei und daher nach Maßgabe des unionsrechtlichen Beihilferechts die beantragten Entlastungen nicht gewährt werden dürften. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

BFH weist Revision zurück

Der Bundesfinanzhof hat die Vorinstanzen bestätigt. Die Steuerentlastungen nach § 9b und § 10 StromStG seien aufgrund ihrer selektiven Wirkung staatliche Beihilfen und unterlägen als solche dem Durchführungsverbot nach Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV. Die Einstufung als grundsätzlich unzulässige Beihilfen ergebe sich auch daraus, dass das in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehene Prüfungsverfahren nicht beachtet worden sei und keine Ausnahmen nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. c oder Art. 108 Abs. 4 AEUV bestünden.

"Unternehmen in Schwierigkeiten" auch im Konzernverbund?

Im Streit ist es insbesondere um die Frage gegangen, ob ein Unternehmen auch dann in Schwierigkeiten im Sinne des Art. 2 Nr. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) ist, wenn zwar mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals infolge aufgelaufener Verluste verloren gegangen ist, jedoch wegen der Einbindung des Unternehmens in einen Konzern eine positive Fortführungsprognose gestellt werden kann.

Keine detaillierte Untersuchung der wirtschaftlichen Situation notwendig

Hierzu hat der Bundesfinanzhof zwei wesentliche Aussagen getroffen: Erstens stelle die AGVO bei der Definition eines Unternehmens in Schwierigkeiten in Art. 2 Nr. 18 Buchst. a AGVO konkret auf die einzelne GmbH ab, welche die Beihilfe beanspruche. Dieser auf bestimmte Gesellschaftsformen bezogene Unternehmensbegriff umfasse deshalb nicht einen Zusammenschluss mehrerer Unternehmen in einem Konzernverbund. Zweitens komme es auf eine positive Fortführungsprognose nicht an, weil eine solche Einschränkung nach dem Wortlaut des Art. 2 Nr. 18 Buchst. a AGVO nicht vorgesehen sei. Dem Unionsgesetzgeber sei es gerade darauf angekommen, dass keine detaillierte Untersuchung der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers notwendig ist.

BFH, Urteil vom 19.01.2022 - VII R 28/19

Redaktion beck-aktuell, 9. Juni 2022.