BFH verneint Heilung nicht ausreichend begründeter vorzeitiger Anforderung der Einkommensteuererklärung nach deren Erledigung

Ein nicht ausreichend begründeter (und damit rechtswidriger) Ermessensverwaltungsakt kann nicht durch das Nachschieben einer Begründung "geheilt" werden, wenn er sich vor der Einlegung des Einspruchs bereits erledigt hat. Dies geht aus einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 17.01.2017 hervor. Gegenstand der Entscheidung war die Aufforderung des Finanzamts an die Kläger, ihre Einkommensteuererklärung abzugeben (Az.: VIII R 52/14).

Erklärung kann auch für Zeitpunkt vor Ablauf der Frist angefordert werden

Nach den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder über Steuererklärungsfristen verlängert sich die gesetzliche Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung (31.05) bis zum Ende des auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres, wenn die Steuererklärung durch eine Person im Sinne der §§ 3 und 4 Steuerberatungsgesetz (beispielsweise einen Steuerberater) angefertigt wird. Allerdings bleibt es dem Finanzamt vorbehalten, die Erklärung für einen Zeitpunkt vor Ablauf dieser Frist anzufordern. Es handelt sich hierbei um eine Ermessensentscheidung, die zu begründen ist (Rechtslage bis 31.12.2017).

Verspätungszuschlag von 880 Euro festgesetzt

Im Streitfall hatte das Finanzamt von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Kläger aufgefordert, die Einkommensteuererklärung für 2010 bis zum 31.08.2011 (und damit vorzeitig) einzureichen. Allerdings war aus der formelhaften Begründung, das Finanzamt handle "im Interesse" einer ordnungsgemäßen Durchführung des Besteuerungsverfahrens, nicht erkennbar, aus welchem Grund die Abgabefrist im konkreten Fall verkürzt wurde. Die von einem Steuerberater angefertigte Erklärung ging am 07.12.2011 beim Finanzamt ein. Das Finanzamt setzte daraufhin einen Verspätungszuschlag in Höhe von 880 Euro fest.

BFH: Verspätungszuschlag rechtswidrig und aufzuheben

Der BFH gab den Klägern Recht. Sowohl die Aufforderung zur vorzeitigen Abgabe der Steuererklärung als auch die Festsetzung des Verspätungszuschlags waren nach Auffassung des Gerichts rechtswidrig. Zwar hätte der Begründungsmangel nach § 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO durch das sogenannte Nachschieben einer Begründung beseitigt werden können. Eine solche Heilung des Verfahrensmangels komme jedoch nicht mehr in Betracht, wenn sich die Aufforderung zur termingebundenen Abgabe vor der Einlegung eines Einspruchs durch die Abgabe der Steuererklärung bereits erledigt hat, betonte der BFH. Aufgrund der Rechtswidrigkeit der Aufforderung sei auch der vom Finanzamt festgesetzte Verspätungszuschlag rechtswidrig und aufzuheben, da die Kläger die Steuererklärung noch innerhalb der allgemein bis zum 31.12.2011 verlängerten Frist eingereicht hatten.

BFH, Urteil vom 17.01.2017 - VIII R 52/14

Redaktion beck-aktuell, 26. April 2017.

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