BFH: Kein Zeugnisverweigerungsrecht volljähriger Kinder im Kindergeldprozess

In dem von einem Elternteil geführten Kindergeldprozess hat das volljährige Kind kein Zeugnisverweigerungsrecht. Es ist deshalb zur Aussage verpflichtet, wie der Bundesfinanzhof entschieden hat (Urteil vom 18.09.2019, Az.: III R 59/18).

Streit um Anspruch geschiedenen Elternteils auf Kindergeld

Im Streitfall ging es darum, ob im Fall geschiedener Eltern der Vater oder die Mutter das Kindergeld für das gemeinsame volljährige Kind beanspruchen konnten. Der Vater hatte beantragt, das Kindergeld zu seinen Gunsten festzusetzen, weil das Kind nicht mehr bei der Mutter lebe und er den höheren Unterhaltsbeitrag leiste.

FG klärte Sachverhalt wegen Verweigerung der Aussage durch Kind nicht weiter auf

Das Finanzgericht Hessen wies die Klage des Vaters mit der Begründung ab, das Kind lebe weiterhin im Haushalt der Mutter (BeckRS 2017, 154203). Es stützte sich dazu auf ein Schreiben des Kindes an die Kindergeldkasse, wonach es sich jedes zweite Wochenende in der Wohnung der Mutter aufgehalten und auch die Sommerferien dort verbracht habe. Das FG verzichtete auf eine weitere Sachverhaltsaufklärung durch Vernehmung des Kindes, weil das Kind erklärt hatte, von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen.

BFH verweist auf umfassende Mitwirkungspflichten volljähriger Kinder in Kindergeldsachen

Der BFH entschied, dass das Kind kein Zeugnisverweigerungsrecht habe, weil sich die Mitwirkungspflicht volljähriger Kinder in Kindergeldsachen auch auf das finanzgerichtliche Verfahren erstrecke. Nach § 68 Absatz 1 Satz 2 EStG hätten volljährige Kinder in Kindergeldsachen umfassende Mitwirkungspflichten. Daher gelte der Grundsatz, dass Angehörige, also auch volljährige Kinder, nach § 84 Abs. 1 FGO in Verbindung mit § 101 AO zur Verweigerung der Aussage berechtigt sind, ausnahmsweise nicht im Kindergeldprozess. Volljährige Kinder seien dementsprechend im finanzgerichtlichen Verfahren verpflichtet, an der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken.

Mitwirkungspflicht erstreckt sich insbesondere auf Haushaltszuordnung des Kindes

Diese Mitwirkungspflicht erstrecke sich auf alle für die Kindergeldzahlung maßgebenden Sachverhaltselemente, insbesondere – wie im Streitfall – auf die Haushaltszuordnung, also auf die Tatsachen, nach denen sich bestimmt, ob ein Kind noch dem Haushalt eines Elternteils zuzuordnen ist.

BFH, Urteil vom 18.09.2019 - III R 59/18

Redaktion beck-aktuell, 5. März 2020.

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